Exekutionsordnung. Universitäten. 563
liegt“. Also ward der naturgemäße Verkehr zwischen den einzigen Staats-
anstalten Deutschlands, welche noch nicht gänzlich dem Partikularismus
anheimgefallen waren, jetzt von Bundes wegen verboten. Das Gesetz war
nach Form und Inhalt eine rohe Beleidigung der deutschen Universitäten
und würde die akademische Freiheit vernichtet haben, wenn ihm nicht die
meisten Regierungen, ihren guten alten Traditionen getreu, eine ziemlich
milde Auslegung gegeben hätten.
Bernstorff, neben Gentz der Bestgebildete unter den Karlsbader
Staatsmännern, wollte diese schwierige Frage nicht so über das Knie
gebrochen sehen; er beantragte, man solle hier nur einige allgemeine
disziplinarische Grundsätze vereinbaren und das Weitere den gründlicheren
Beratungen des Bundestages überlassen. Aber alle seine Genossen er-
widerten einstimmig, daß Gefahr im Verzuge sei, und da auch Harden-
berg, der jetzt ganz in Wittgensteins Fahrwasser segelte, die Ansicht der
Mehrheit teilte, so konnte Bernstorff nur noch die eine Milderung durch-
setzen, daß die Rechte des Regierungsbevollmächtigten unter Umständen
auch dem bisherigen Kurator übertragen werden durften, also doch nicht
alle Universitäten förmlich unter polizeiliche Aufsicht gestellt wurden. Im
Übrigen nahm man die österreichischen Vorschläge fast unverändert an;
der maßvolle und sachkundige Bericht der Bundestagskommission über die
Universitäten, der noch während der Konferenzen dem Fürsten Metternich
zuging, blieb unbeachtet liegen.“)
Die treibende Kraft der Konferenzen, die Angst des Kaisers Franz vor
jeder Beunruhigung seiner Erblande, verriet sich am deutlichsten in dem
dritten Entwurfe, dem provisorischen Preßgesetze. Auch zu diesem Gesetze,
wie zu allen übrigen, hatte Gentz einen einleitenden Präsidialvortrag aus-
gearbeitet, der in grellen Farben schilderte, wie jeder Bundesstaat durch
die Preßfreiheit seiner deutschen Nachbarlande gefährdet sei, und wie diese
Gefahr neuerdings durch die Offentlichkeit der Landtagsverhandlungen
noch gesteigert werde. Noch unzweideutiger sprach sich Metternich in den
Sitzungen aus: es liege im Wesen des Bundes, daß seine Glieder ein-
ander ihre moralische und politische Unverletzlichkeit, auch gegen Angriffe
von seiten der Presse, verbürgten; die Preßfreiheit sei aber unzweifelhaft
schädlicher für die großen Staaten, die in Deutschland von dreißig Mittel-
punkten zugleich angegriffen werden könnten, als für die kleinen, deren
Schriftsteller stets bereit sein würden die heimische Regierung zu schonen,
wenn sie nur gegen die mächtigen Nachbarn freies Spiel behielten. Also
um sich selber vor den Angriffen der deutschen Presse zu schützen, bean-
tragte Osterreich, daß „die Notwendigkeit vorbeugender Maßregeln“, die
Zensur, als Regel anerkannt würde — der Sache nach eine offenbare
*7) Bernstorff an Hardenberg, 25. Aug.; Goltzs Bericht an Bernstorff, Frankfurt
28. August 1819.
36