52 II. 3. Geistige Strömungen der ersten Friedensjahre.
bildeten den ersten künstlerischen Zimmerschmuck des verarmten deutschen
Hauses.
Die deutschen Maler in Rom hatten indessen an Bartholdy, einem
Verwandten des kunstsinnigen Mendelssohnschen Hauses, einen unter—
nehmenden Gönner gefunden. Der stellte ihnen die breiten Wände seines
Palastes in der Via Sistina zur Verfügung, damit sie sich in der Kunst
des Fresco, die seit Raphael Mengs völlig eingeschlafen war, wieder ver—
suchen könnten. In fröhlichem Wetteifer malten nun Cornelius, Over—
beck, Veit und Wilhelm Schadow, durch Niebuhrs Beifall ermutigt,
die großgedachten Bilder aus der Geschichte Josephs. Cornelius begrüßte
jubelnd die Fresco-Malerei als ein „Flammenzeichen auf den Bergen zu
einem neuen edlen Aufruhr in der Kunst“, weil sie den Malern endlich
wieder ein Feld für monumentale Werke eröffne und in ihrer herben
Strenge die Gedankenarmut wie die Pfuscherei unnachsichtlich ausschließe.
Die Kunst — so rief er in dem eigentümlichen terroristischen Tone der
jungen Teutonen — die Kunst soll endlich aufhören eine feile Dienerin
üppiger Großen, eine Krämerin und niedere Modezofe zu sein. Gleich
Schinkel sah er die Zeit kommen, da die Kunst an den Mauern unserer
Städte von innen und außen wiederglänzend das ganze Dasein des Volks
umgestalten und heiligen werde. Mit dem sicheren Stolze eines Refor—
mators der nationalen Gesittung kehrte er über die Alpen zurück, als ihn
nunmehr der junge Kronprinz Ludwig von Bayern nach München berief.
Der Erbe der reichen und allezeit baulustigen Wittelsbacher meinte
sich berufen, in dem bayrischen Lande, das soeben erst in das geistige
Leben der Nation wieder eingetreten war, einen glänzenden Musenhof zu
gründen. Eine lautere Begeisterung für die Kunst wie für den Ruhm
seines vergötterten deutschen Vaterlandes beseelte den geistreichen, phan—
tastischen Fürsten. Die diplomatische Welt erzählte sich kopfschüttelnd, wie
er zu Rom in altdeutschem Rocke, Arm in Arm mit dem verdächtigen
demagogischen Dichter Friedrich Rückert, die Museen und Kirchen durch—
wandert, wie er die deutschen Maler zutraulich mit seinen holprigen Versen
begrüßt, bei ihren Künstlerfesten auf die Vernichtung der Philisterei und
die Einheit Teutschlands lärmend mit angestoßen hatte. Bei allen seinen
künstlerischen Plänen wirkte zugleich ein unsteter dynastischer Ehrgeiz mit:
er hoffte die gründlich verachteten preußischen Hungerleider und Empor—
kömmlinge zu überbieten, dem bayrischen Hause durch ein großartiges
Mäcenatentum die führende Stellung in Deutschland zu verschaffen.
Welch ein Gegensatz zu der Kunsttätigkeit in Berlin! Dort geschah nur
was sich aus der Geschichte und den Lebensbedürfnissen eines mächtigen,
an geistigen Kräften reichen Staates unabweisbar ergab, die von großen
Künstlern in ungestörter Freiheit geschaffenen Werke trugen das Gepräge des
Notwendigen. In München baute man um zu bauen, auf einem Boden,
der von großen Erinnerungen wenig darbot; die von auswärts berufenen