Full text: Deutsche Geschichte im 19. Jahrhundert. Dritter Teil. Bis zur Juli-Revolution. (26)

156 III. 3. Troppau und Laibach. 
ging, als eine Erhebung des Pöbels wider das Eigenthum. Niebuhr in 
Rom fühlte sich von den demagogischen Künsten der Carbonari dermaßen 
angeekelt, daß er den Aufstand mit einer Neger-Rebellion verglich und 
über die Hundischkeit dieser Wälschen nicht genug Arges zu sagen wußte; 
auch sein junger Secretär Bunsen meinte, an eigentliche Freiheit sei in 
diesem versunkenen Volke gar nicht zu denken. 
Großes Aergerniß erregte insbesondere die Haltung des Kronprinzen 
Franz von Neapel, den der greise Ferdinand, um sich selber für die Stunde 
der Vergeltung aufzusparen, zum Statthalter ernannt hatte. Der Sohn 
war seines Vaters würdig; er trug die Carbonarifarben und spielte die Rolle 
des volksfreundlichen Fürsten nur um die Liberalen desto sicherer zu ver- 
derben. Im Auslande aber durchschaute man das Doppelspiel des 
bourbonischen Thronfolgers noch nicht; er galt für einen Freund des 
liberalen bairischen Kronprinzen, und ein an den Höfen umlaufendes 
Schreiben des geistreichen Prinzen Christian von Dänemark, der den Aufruhr 
in Neapel mit angesehen hatte und den Charakter König Ferdinand's ganz 
richtig beurtheilte, versicherte bestimmt, der Sohn sei ernstlich constitutionell 
und handle nicht aus Schwachheit.) Welche Aussicht, wenn ein liberaler 
junger König sich an die Spitze einer nationalen Bewegung der Italiener 
stelltel Die unheimlichste Erscheinung in dieser Revolution blieb doch die 
Macht der geheimen Vereine, die sich hier so überraschend stark zeigte; nichts 
schien gewisser als daß diese furchtbare Verschwörung sich bis nach Frank- 
reich, Deutschland und England verzweige.) Darum hielten die fünf 
Mächte allesammt ein strenges Einschreiten für nöthig; und Niemand bestritt, 
daß dem zunächst bedrohten Oesterreich dabei die Vorhand gebühre. 
Die Gesandten der neuen neapolitanischen Regierung wurden von 
keinem der fünf Höfe zugelassen. Der König von Preußen — und gleich 
ihm Kaiser Franz — ließ ein Schreiben König Ferdinand's, das ihm 
den erfolgten Umschwung anzeigen sollte, uneröffnet liegen, und Bern- 
storff erklärte, dereinst werde Seine Sicilianische Majestät dem Könige 
dafür Dank wissen. Um die Höfe in ihrem Abscheu zu bestärken, sendete 
ihnen Metternich den Bericht über seine vertrauliche Unterredung mit 
dem revolutionären Gesandten, dem Fürsten Cimitille. Wie furchtbar 
hatte er da den Unglücksmann angeherrscht, wie kunstvoll seine dritte 
Lieblingsmetapher, die Pest verwerthet: gegen ein so von der Pest ver- 
wüstetes Land müßten alle Nachbarn sich durch eine strenge Quarantäne 
decken; nur eine Rettung bleibe noch, wenn die ehrlichen Leute in Neapel 
ihren König bäten: nehmen Sie die Zügel der Regierung wieder, berufen 
  
*) Schreiben des Prinzen Christian v. Dänemark, Neapel 11. Juli 1820. Adressat 
war wahrscheinlich der König von Dänemark. 
**) So äußert sich u. A. das für die Höfe von Paris und London bestimmte 
Mémoire de la Cour de Prusse, 7. Okt. 1820.
	        
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