184 III. 3. Troppau und Laibach.
Patrioten gewesen; jetzt verurtheilten alle Höfe mitleidslos sein schwankendes,
zweideutiges Verhalten, die österreichischen Offiziere verhöhnten ihn ins
Gesicht als den König von Italien — was dem Stolzen unvergessen blieb
—, und die Liberalen, die sich nach romanischem Brauche ihre Niederlage
nur aus einer großen Verrätherei erklären konnten, sangen ihm die grau-
samen Verse nach: Dein Name geht durch alle Völker, mit Fluch beladen,
Carignan. Er schien der allgemeinen Verachtung erliegen zu müssen, und
die reaktionäre Partei verstieg sich bereits zu dem Plane, den Verhaßten
von der Thronfolge auszuschließen, die Krone nach dem Tode des alten
Karl Felix auf Franz von Modena zu übertragen.
Währenddem war über Neapel ein Schreckensregiment herein-
gebrochen, fast so gräuelvoll wie jenes erste bourbonische Blutgericht vom
Jahre 1799. König Ferdinand hatte die Heimkehr verschoben, bis er der
Unterwerfung seines Landes völlig sicher war und sich nicht mehr um die
Rathschläge der Großmächte zu kümmern brauchte. Dann drängten sich
in endloser Reihe Einkerkerung, Auspeitschung, Hinrichtung; viele der
besten Männer des Landes verschmachteten, mit gemeinen Verbrechern
zusammengeschmiedet, unter den Insektenschwärmen der schattenlosen Straf-
inseln, mehr denn Tausend lebten als Flüchtlinge in England, in der
Schweiz, bei den Barbaresken. Das alte Conscriptionsheer ward auf-
gelöst, ein neues geworbenes gebildet. In den clericalen Urkantonen der
Schweiz ließ Ferdinand durch einen anrüchigen alten Landsknecht, General
Auf der Mauer die Werbetrommel rühren, und obwohl mancher wackere
Eidgenosse die „biderben Männer von Schwyz“ beschwor, die alte, schon
von Zwingli gescholtene Nationalsünde des Reislaufens endlich zu lassen,
so fanden sich doch einige Regimenter von tapferen Fremdlingen zusammen,
die nun von den Bergfesten über der Bai die unruhige Hauptstadt
bewachten. Die zügellose Grausamkeit dieser Reaktion zwang die Mächte
mehrmals zu ernsten Warnungen; selbst Kaiser Franz schrieb dem König
zweimal noch von Laibach aus.)) Doch was konnten solche Mahnungen
fruchten, da der gute Kaiser seine eigenen Soldaten Schergendienste ver-
richten ließ bei den Blutrichtern des Bourbonen, ja sogar in die gräß-
lichen Kerker seiner mährischen Festungen außer den lombardischen Patrioten,
die soeben nochmals durch ein Strafverfahren heimgesucht wurden, auch
neapolitanische Hochverräther gastfreundlich aufnahm? Neapel war nur
noch ein Satrapenstaat der Hofburg; die alte Verbindung zwischen dem
königlichen Hause und den französischen Bourbonen lockerte sich mehr und
mehr. Sechs Jahre lang blieben die Oesterreicher im Lande, der Hof
überschüttete ihre Führer mit Gold und Ehren, durch die Kosten der fremden
Besatzung wurde die Staatsschuld in wenigen Jahren auf das Vier-
fache erhöht. Ein fürchterlicher Haß, der mit jedem Jahre wuchs, sammelte
*) Krusemark's Berichte, 4. April, 11. Mai 1821.