Full text: Deutsche Geschichte im 19. Jahrhundert. Dritter Teil. Bis zur Juli-Revolution. (26)

Droste's Niederlage. 219 
erklärte dem Minister gerade heraus, er schulde ihm keine Rechenschaft, 
weder das Landrecht noch die Unterwerfung unter einen protestantischen 
Landesherrn könne das in Deutschland allgemein giltige Kirchenrecht auf— 
heben. Er hege kein Zutrauen zu Lehranstalten, deren theologische Pro— 
fessoren die protestantische Obrigkeit anstelle, „was man kaum auch 
da möglich halten sollte, wo die katholische Kirche nur geduldet wäre.“ 
„Ew. Excellenz“, fuhr er fort, „sind gewiß nicht gemeint, durch Kränkung der 
auf göttlicher Autorität beruhenden, von S. M. dem Könige anerkannten 
und — insofern menschliche Gewalt das Höhere garantiren kann — 
garantirten Freiheit der katholischen Kirche eine vermeintliche Freiheit der 
Studenten zu schützen.“ Dann berief er sich auf den Art. 63 des Reichs- 
deputationshauptschlusses, der nur versprach, daß die bisherige Religions= 
übung gegen Aufhebung und Kränkung geschützt sein solle, und behauptete 
dreist: dem widerspräche die Militärpflicht der Geistlichen und Schullehrer, 
sowie das sogenannte Placet. Darauf polterte er noch in seinem schreck- 
lichen Deutsch einige allgemeine, aber offenbar auf den Minister persönlich 
gemünzte Schmähungen heraus wider „diejenigen, welche selbst ungläubig, 
getaufte Heiden sind“". Das war der Dank der Clericalen für die könig- 
liche Stiftung der Bonner Hochschule. 
Nach dieser Kraftleistung eines Fanatismus, der dem Staate jedes 
Recht der Kirchenhoheit abstritt, mußte Altenstein voraussehen, daß Droste 
alle Schreckmittel der geistlichen Gewalt mißbrauchen würde um die west- 
phälischen Studenten in Münster zurückzuhalten. Hier galt es durchzu- 
greifen, wollte die Staatsgewalt sich nicht ins Angesicht verhöhnen lassen. 
Im Einverständniß mit dem Staatskanzler ließ der Minister also (10. April) 
die theologische Facultät in Münster bis auf Weiteres schließen, und 
schweren Herzens vollzog Vincke den harten Befehl. Wie eifrig hatte sich 
der treue Westphale bemüht, in der verfallenen Stiftung Fürstenberg's ein 
neues Leben zu erwecken. Soeben erst war er mit dem Minister über die 
Verstärkung der Lehrkräfte handelseins geworden; da beraubte der Trotz 
dieses blinden Eiferers die geliebte Provinz auf Jahre hinaus ihrer 
einzigen Hochschule, denn ohne ihre theologische Schwester konnte die 
philosophsche Facultät nicht gedeihen.) Mit einem Schlage war Alles 
entschieden. Droste wagte nicht die ihm angedrohte persönliche Ahndung 
abzuwarten, sondern legte sein Amt nieder und führte fortan jahrelang 
in einem kleinen Kreise von Priestern und Nonnen ein beschauliches Büßer- 
leben; der Weihbischof von Osnabrück aber hatte schon vorher, sobald er 
den Ernst der preußischen Behörden bemerkte, seinen Theologen das Studium 
in Bonn wieder gestattet.“) 
  
*) Altenstein an Vincke, 10. April; Vincke an die theologische Facultät in Münster, 
18. April 1820. 
*.) Verordnung des Weihbischofs v. Graben, 6. April 1820.
	        
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