Full text: Deutsche Geschichte im 19. Jahrhundert. Dritter Teil. Bis zur Juli-Revolution. (26)

306 III. 5. Die Großmächte und die Trias. 
entsprach allein dem badischen Interesse, war für alle anderen Staaten 
unannehmbar. Er schlug ein System sehr niedriger Finanzzölle vor, für 
den Centner Kolonialwaaren 30 Kreuzer bis 2 Fl., für Fabrikwaaren 5 
bis 15 Fl. — Sätze, welche Aretin viel zu gering fand. Der Streit blieb 
unlösbar, da beide Theile sich auf unwiderlegliche Gründe stützten. Ein 
kleines Zollgebiet bedarf des Freihandels, weil es die Kosten scharfer 
Grenzbewachung nicht tragen kann; doch ebenso gewiß genügten die badischen 
Zölle nicht, um die werdende bairische Industrie zu schützen. 
Nebenius wollte ferner alle Zölle an den Grenzen erheben, keine 
Packhöfe dulden, nur die Rheinhäfen außerhalb der Mauthlinie liegen 
lassen. Dahinter verbarg sich die Hoffnung der Karlsruher Bureau- 
kratie, Kehl und Mannheim zu Hauptstapelplätzen des Vereins zu erheben. 
Mit Recht erhob Baiern lebhaften Widerspruch: nur bei ganz niedrigen 
Zöllen seien Lagerhäuser entbehrlich; auch solle man die Hoffnung auf 
Frankfurts Beitritt festhalten und nicht den natürlichen Mittelpunkt des 
oberrheinischen Speditionshandels zu Gunsten kleinerer Plätze benach- 
theiligen. In demselben Geiste badischer Engherzigkeit war der weitere 
Antrag, daß den Grenzstaaten gestattet werde, von allen Waaren, welche 
der Verein zollfrei einlasse, Zölle für ihre eigne Rechnung zu erheben. Sofort 
widersprachen alle rückwärts liegenden Staaten. Auch bei der Vertheilung 
der gemeinsamen Zolleinnahmen vergaß Nebenius den Vortheil Badens 
nicht, das allerdings unter allen Bundesgenossen die reichsten Zolleinkünfte 
besaß. Er verlangte als Maßstab: die Kopfzahl und die Länge der Grenzen, 
welche jeder Staat zu bewachen habe. Ebdenso dreist bestand Baiern auf 
seinem Interesse: man müsse einen Durchschnitt suchen aus der Kopfzahl 
und dem Umfange des Gebiets — weil Baiern dünner bevölkert war als 
die Nachbarlande. 
Die gesetzgebende Gewalt wollte Nebenius einer Conferenz von Bevoll- 
mächtigten anvertrauen, die alljährlich zusammenzutreten und mit ein- 
facher Mehrheit zu beschließen hätte. Der Münchener Hof aber war nicht 
geneigt sich den kleinen Mitverbündeten also zu unterwerfen; Aretin trug 
das Selbstgefühl der Macht rücksichtslos zur Schau und forderte für jede 
halbe Million eine Stimme — das wollte sagen: die Stimmenmehrheit 
für Baiern allein —, was wieder von du Thil und den anderen Kleinen 
als „ein allzu naiver Versuch“ zurückgewiesen wurde. Die Zollverwaltung 
endlich sollte von einem gemeinsamen Beamtenthum geführt, durch eine 
permanente Commission beaufsichtigt werden. Seltsamerweise erregte diese 
Centralverwaltung zunächst geringen Anstoß. Die schwäbische Bureaukratie 
sprach sogar lebhaft dafür. Dem allmächtigen Stande der württem- 
bergischen Schreiber blieb der Verein unheimlich, der so viele Schreiberstellen 
aufzuheben drohte. Indeß wenn sich das Unheil nicht abwenden ließ, so 
erschien die Centralverwaltung als das geringere Uebel; sie mußte doch 
aus jedem Staate eine zahlreiche Beamtenschaar anstellen. Behielten
	        
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