Full text: Deutsche Geschichte im 19. Jahrhundert. Dritter Teil. Bis zur Juli-Revolution. (26)

Der Bundestag und die Schlußakte. 27 
wurde sodann noch der den Württembergern anstößige Name „Supple— 
mentar-Akte“ gestrichen, auch sollte die Schlußakte in Wien nicht förmlich 
ratificirt, sondern erst in Frankfurt auf Grund einer gleichförmigen 
Instruktion an die Bundesgesandten zum Bundesgesetze erhoben werden. 
König Wilhelm selbst richtete an Kaiser Franz ein unterwürfiges Antwort— 
schreiben, und da er den Unmuth über die erlittene Niederlage doch irgendwie 
auslassen mußte, so überhäufte er Trott mit Auszeichnungen und berief bald 
nachher den unglücklichen Mandelsloh unter allen Zeichen der Ungnade 
von seinem Wiener Gesandtschaftsposten zurück, was die Hofburg als einen 
Beweis boshafter Gesinnung sehr übel aufnahm.“) 
Am 24. Mai wurden die Conferenzen geschlossen, und nachdem das 
Wiener Drama beendet war, mußten die Satyrn des Bundestags ihren 
Fackeltanz beginnen. Wie viel anzügliche Bemerkungen über ihre Unthätig- 
keit hatten diese Armen unterdessen von der liberalen Presse hinnehmen 
müssen. Am 10. April, nach Ablauf seiner verlängerten Ferien, trat der 
Bundestag wieder vertraulich zusammen und beschloß, auf eine Weisung 
Metternich's, vorläufig nur vertrauliche Sitzungen zu halten, da die 
Wiener Conferenz noch nicht beendet sei. Am 20. April versammelte er 
sich wieder und faßte den Beschluß, acht Tage darauf abermals vertraulich 
zusammenzukommen. Goltz aber gestand kummervoll, dies sei nur geschehen 
„zur Beschönigung der fortdauernden Unthätigkeit der Versammlung in 
den Augen des Publikums“; der Zustand sei drückend und compromittirend 
in den Augen der Welt; noch schlimmer freilich, wenn der Bundestag 
ergänzen müßte was in Wien unvollendet bliebe, dann würde sicherlich 
gar nichts fertig werden! So ging es weiter, in unverbrüchlicher Ver- 
traulichkeit. Immer wieder klagte der preußische Gesandte über den „gänz- 
lichen Mangel an Berathungsstoff".) Ein Votum Württembergs über 
die Exterritorialität der Mainzer Untersuchungscommission, eine Anzeige 
Dänemarks über die erfolgte Ernennung zweier Censoren für Holstein 
solche Staatsgeheimnisse bildeten den einzigen Inhalt dieser vertraulichen 
Berathungen. Endlich am 8. Juni hielt der Bundestag, zum ersten male 
in diesem Jahre, eine öffentliche Sitzung. Die Versammlung „bildete sich 
zu einem Plenum“, die Wiener Schlußakte ward verlesen. Nach einem 
kurzen Präsidialvortrage erklärten die beiden Großmächte ihre Zustim- 
mung, und dann erschöpften die Vertreter der übrigen 61 Stimmen den 
ganzen Floskelreichthum der deutschen Kanzleisprache um in verschiedenen 
Wendungen verabredetermaßen alle genau das Nämliche zu sagen. Nur 
Württemberg konnte sich's nicht versagen, seiner Zustimmung einige bos- 
hafte Bemerkungen über die Unregelmäßigkeit des Verfahrens voranzu- 
  
—————— — — — — — — ——— 
*) Krusemark's Bericht, 10., 21 Juni; Küster's Bericht, Stuttgart, 13. Juni, 
4. Juli 1820. 
**) Berichte von Goltz, 11., 25. April, von Leg.-Rath Küpfer, 16., 23. Mai 1820.
	        
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