Full text: Deutsche Geschichte im 19. Jahrhundert. Dritter Teil. Bis zur Juli-Revolution. (26)

Hauptbericht der Mainzer Commission. 345 
Berichte ist nur eine durchgreifende und leitende Idee aufzufinden, und 
diese besteht darin, daß alle späteren Umtriebe und geheimen Verbindungen 
aus jenen hervorgegangen seien, welche gegen die französische Herrschaft 
und gegen den Rheinbund gerichtet waren!“) 
So stand es in der That. Der alte Herausgeber der Münchener 
Alemannia hatte sich nicht entblödet, seine ungebrochene Rheinbunds- 
gesinnung, seinen Todhaß gegen Preußen und den Befreiungskrieg in dem 
Commissionsberichte auszusprechen; er hatte die Denunciationen von 
Schmalz zugleich benutzt und überboten. Durch seine Arbeit ging, wie 
Blittersdorff wehklagte, „die schlecht verhüllte Tendenz, Preußen und die 
Mächte als die Urheber des Geistes zu bezeichnen, den sie später nicht 
mehr bändigen konnten“. Es ist nicht anders, die Erhebung gegen Napoleon 
wurde hier von Bundeswegen dem preußischen Volke als ein Verbrechen 
angerechnet. Der erste demagogische „Umtrieb“, womit Hörmann's Er- 
zählung begann, war ein Brief Schleiermacher's an Reimer, geschrieben 
nach der Schlacht von Jena, der mit den Worten schloß: „Eine allgemeine 
Regeneration ist nothwendig und wird sich aus diesen Begebenheiten ent- 
wickeln. Wie, das kann man jetzt noch nicht sehen; aber wir wollen dabei 
sein und mit angreifen, sobald der Gang der Dinge uns aufruft oder mit 
sich fortreißt.“ Darauf folgten Fichte's Reden an die deutsche Nation, der 
Tugendbund, Arndt's Katechismus für den deutschen Landwehrmann, alle 
die patriotischen Vereine, die sich in der Zeit der schweren Noth gegen 
die Franzosen zusammengethan. Stein und Gneisenau waren mehrmals 
als verdächtig erwähnt und fast auf jeder Seite prangte der Name Harden- 
berg's, des großen Gönners der Verschwörer. Aus diesen Umtrieben gegen 
die legitime Herrschaft Napoleon's waren sodann durch natürliche Fort- 
pflanzung die Burschenschaft, die Turnplätze, die Unbedingten, die beiden 
Mordthaten von 1819 hervorgegangen. Aus späterer Zeit wußte Hörmann 
nicht viel mehr anzuführen, als einen Jünglingsbund und einen räthsel- 
haften Männerbund, über dessen Zwecke sich die Commission mit Wen- 
dungen wie „es ist gedenkbar“ hinweghelfen mußte. 
War der Grundgedanke des Berichts schändlich, beleidigend für die 
Ehre der Nation, so zeigte die Ausführung im Einzelnen eine gewissen- 
lose Willkür, die sich freilich aus dem seltsamen Zwittercharakter der 
Mainzer Behörde fast nothwendig ergab. Ein förmlicher Staatsgerichts- 
hof, wie ihn Preußen in Karlsbad vergeblich vorgeschlagen, hätte sich streng 
an erwicesene Thatsachen halten müssen. Diese Untersuchungscommission 
aber meinte sich verpflichtet, „aus einigen tausend, ihrem wahren Sinne 
nach größtentheils nicht hinlänglich erklärten Papieren, dann aus einigen 
hundert zum Theil noch unvollständigen Vernehmungen die Geschichte eines 
mehr als zehnjährigen, weniger in bestimmten Thathandlungen als in 
*) Blittersdorff an Münch, 25. Nov., 7. Dec.; an Berstett, 26. Nov. 1826.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.