Heirath des Königs und des Kronprinzen. 391
testantischen Mehrheit seines Volkes das Beispiel eines evangelischen Haus—
standes zu geben.
Wie schwer war es ihm gefallen, seinem Thronfolger die Verlobung
mit einer katholischen Fürstin zu gestatten. Schon vor Jahren hatte der
Kronprinz für die vielumworbene liebenswürdige Tochter des Königs von
Baiern, Prinzessin Elisabeth, eine schwärmerische Neigung gefaßt, wie sie
dem Manne auf den Höhen des Lebens selten vergönnt wird. Seine
Liebe ward erwidert, und der Prinz wähnte sich bereits am Ziele. König
Max Joseph, der den Gedanken dieser Familienverbindung zuerst auf-
gebracht hatte, begünstigte den Freier aufs Wärmste; ein Weltkind des auf-
geklärten Jahrhunderts legte er gar keinen Werth auf confessionelle Unter-
schiede und fand es ganz in der Ordnung, daß die künftige Königin von
Preußen, nach der alten Ueberlieferung der Hohenzollern, evangelisch sein
müsse. Seine Tochter selbst dachte ernster; sie war unter den Augen ihrer
frommen evangelischen Mutter Königin Karoline zwar in duldsamem
Geiste, aber gut katholisch erzogen und hatte in dieser Kirche bisher ihren
Frieden gefunden. Durch einen Glaubenswechsel sich eine glänzende Zu-
kunft zu erkaufen, schien ihr unwürdig; nur zu der Zusage wollte sie sich
verstehen, daß sie späterhin übertreten würde, wenn es ihr gelänge, sich
von der evangelischen Wahrheit zu überzeugen. Der protestantische Beicht-
vater ihrer Mutter, der wackere Consistorialrath Schmitt bestärkte sie selber
in ihrem Widerstande. Der König von Preußen aber blieb unerbittlich;
nachdem er schwach genug gewesen, seiner ältesten Tochter den Uebertritt
zur griechischen Kirche zu gestatten, meinte er jetzt um so fester auf dem
Brauche seines Hauses bestehen zu müssen. So vergingen den beiden
Liebenden vier kummervolle Jahre; ihr Unglück erregte an den Höfen
allgemeines Bedauern, mehrere Fürsten und Fürstinnen versuchten zu
vermitteln. Auf dem Veroneser Congresse bestürmten auch die beiden Kaiser
ihren königlichen Freund mit vergeblichen Bitten. Bald darauf sendete
er seinen geistlichen Vertrauten, den Bischof Eylert unter dem an-
genommenen Namen eines Brandenburgischen Domherrn nach Tegernsee
um der Prinzessin noch einmal vertraulich zuzureden; der geschmeidige theo-
logische Diplomat wurde jedoch durch ihre würdige Haltung völlig ent-
waffnet und kehrte heim mit der heiligen Versicherung, daß der König
von einer solchen Schwiegertochter für den Glauben seines Hauses nichts
zu fürchten habe.)
Nun endlich gab der König seine Zustimmung (1823), und das tiefe
Herzensglück des jungen Paares beschwichtigte seine Besorgnisse bald gänzlich.
Die Kronprinzessin besaß eine ungewöhnliche Bildung, ihr Lehrer Thiersch
hatte sie sogar in das classische Alterthum eingeführt. Allen den mannig-
*) Nach Schmitt's Aufzeichnungen, die hier in allem Wesentlichen übereinstimmen
mit der Erzählung von Thiersch (F. Thiersch's Leben J. 259).