Full text: Deutsche Geschichte im 19. Jahrhundert. Dritter Teil. Bis zur Juli-Revolution. (26)

Preußens Abwehr. 37 
tönende Worte, die der Nation ein unbestimmtes Glück verheißen und nur 
an dem kleinen Fehler kranken, daß sie hohle Phrasen sind. Hier Preußen 
allein, verwünscht von der Nation, ein kaltes Nein den hochfliegenden 
Plänen der Gegner entgegenstellend. Und doch barg sich hinter dieser 
ablehnenden, scheinbar unfruchtbaren Haltung der einzige Gedanke, der 
uns retten konnte. Die ganze Zukunft deutscher Politik hing daran, daß 
Preußens verständige Redlichkeit triumphirte über dies Bündniß der Un- 
klarheit und der Lüge. Und Preußen siegte. 
Da die Gegner nur in ihrem Hasse, nicht in irgend einem positiven 
Gedanken übereinstimmten, so errang Bernstorff bereits am 10. Februar 
einen durchschlagenden Erfolg in dem handelspolitischen Ausschusse der 
Conferenz; er bewog den Ausschuß, seine Anträge auf einige „mehr vor- 
bereitende als entscheidende, keinen künftigen bundesförderlichen Beschlüssen 
vorgreifende Bestimmungen zu beschränken“.) Der Ausschuß beantragte 
demnach lediglich, daß der Bundestag, dem Art. 19 gemäß, die Beförderung 
des Handels als einen der Hauptgegenstände seiner Thätigkeit ansehen 
solle. Nur über die Freiheit des Getreidehandels, welche Preußen schon 
vor drei Jahren in Frankfurt befürwortet hatte, schienen jetzt alle Theile 
endlich einig, und der Ausschuß schlug vor, die Frage durch eine schleunige 
Vereinbarung zu erledigen. Als diese Anträge am 4. März in der Con- 
ferenz zur Verlesung kamen, da brach, sobald der Name des Bundestags 
erklang, einer der Anwesenden in lautes Lachen aus, und die ganze Ver- 
sammlung stimmte fröhlich ein. Und diese Staatsmänner, die ihr Urtheil 
über die Leistungsfähigkeit des Bundestags so unzweideutig bekundeten, 
hatten sich soeben noch vermessen, das preußische Zollgesetz durch einen 
Bundesbeschluß aufzuheben! Die Anträge des Ausschusses wurden ange- 
nommen, und um auch den widerspänstigen Köthener zu gewinnen, fügte 
man noch ein Separatprotocoll hinzu, kraft dessen die betheiligten Staaten 
sich verpflichteten, die Beschlüsse des Wiener Congresses über die Fluß- 
schifffahrt unverbrüchlich zu halten, die Verhandlungen deshalb thätig 
zu betreiben. 
Ueber die Freiheit des Getreidehandels setzte man ebenfalls ein beson- 
deres Protocoll auf, aber Metternich vereitelte schließlich auch diesen einzigen 
heilsamen Plan, in dem sich alle Parteien zusammenfanden. Er schob 
die Entscheidung immer wieder hinaus, und als die Conferenz endlich 
zum Beschlusse schreiten wollte, da war Kaiser Franz, zum lebhaften Be- 
dauern seines Ministers, bereits nach Prag abgereist. Arglos meldete 
Bernstorff einige Tage später, die Erwiderung Sr. Majestät sei noch 
immer nicht eingetroffen.““) Die Conferenz mußte auseinandergehen ohne 
das Protocoll abzuschließen. Erst gegen Mitte Juni lief die österreichische 
Antwort beim Bundestage ein. Der gute Kaiser, der sich gegen F. List so 
  
*) Bernstorff's Bericht, 11. Febr. 1820. “") Bernstorff's Bericht, 31. Mai 1820.
	        
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