Full text: Deutsche Geschichte im 19. Jahrhundert. Dritter Teil. Bis zur Juli-Revolution. (26)

Die Rheinschifffahrtsakte. Der Sundzoll. 473 
Preußen so kraftvoll festgehaltene Princip, dessen Gewinn nun der ge— 
sammten Schifffahrt zu Theil wird“.“) Selbst Frankreich bekehrte sich, 
gab die Hoffnung auf, den Rheinhandel nach Havre abzuleiten. 
So führte Preußen endlich alle Rheinuferstaaten gegen Holland und 
Nassau ins Feld. Die Niederlande begannen mürbe zu werden, sie fühlten, 
daß Preußen den Kampf länger aushalten könne als sie selber. Die 
großen Mächte erließen neue dringende Mahnungen nach dem Haag; 
Rußland vornehmlich erwies sich auch in diesem Streite als ein treuer 
Bundesgenosse Preußens, hielt dem oranischen Hause ernstlich den uner— 
hörten Vertragsbruch vor. Motz aber setzte noch einmal alle Hebel ein 
und erreichte im Frühjahr 1829, daß Holland nachgab.“) Im August 
legten die beiden nunmehr versöhnten Höfe der Mainzer Rheinschifffahrts— 
conferenz ihre gemeinsamen Anträge vor, und so kam endlich, nach sechzehn— 
jährigem Federkriege, die Rheinschifffahrtsconvention am 31. März 1831 
zu Stande, wesentlich gefördert durch die energische Thätigkeit des preu— 
ßischen Präsidenten Delius. Der Rhein war frei „bis in die See“; Leck und 
Waal, die beiden mächtigen Mündungen bei Rotterdam und Helvoetfluis 
wurden der freien Schifffahrt geöffnet, und sofort hob Preußen den 
Kölner Stapel auf. Noch blieb viel zu wünschen übrig für den deutschen 
Strom; wirksame Aufsicht über ihre Strombauten wollten die kleinen Ufer- 
staaten keinenfalls ertragen. Doch eine wesentliche Erleichterung des Ver- 
kehrs war durch Preußens Festigkeit allerdings errungen — und zugleich 
der Beweis erbracht, daß die Kleinstaaten nachhaltigen Schutz ihrer 
Interessen nur in Berlin finden konnten. 
Aus dem handelspolitischen Kampfe mit Holland ging Motz zuletzt 
als Sieger hervor; einem anderen schlimmen Nachbarn aber, der Krone 
von Dänemark stand er waffenlos gegenüber. Der Wiener Congreß hatte, 
weil man das ohnehin schwer geschädigte Dänemark nicht völlig vernichten 
wollte, die Frage des Sundzolles unerörtert gelassen, und so bestand denn 
dieser ungeheure Seezoll fort, der einzige seiner Art, im Widerspruche 
mit allen Anschauungen des modernen Völkerrechts, allein gerechtfertigt 
durch ein uraltes Herkommen, erhoben ohne jede Gegenleistung, an einer 
Meerenge, welche seit mehr als anderthalb Jahrhunderten nur noch an 
ihrem westlichen Ufer dänisch war und, wie die Erfahrung der napoleonischen 
Kriege mehrmals gelehrt hatte, von den Kanonen Kronenborgs nicht be- 
herrscht werden konnte. Als Preußen im Jahre 1818 mit Dänemark 
einen Handelsvertrag schloß, verfuhr der Unterhändler, Graf Dohna sehr 
fahrlässig. Ohne bei der Kaufmannschaft der Ostseeplätze nachzufragen, 
erkannte er den Tarif von 1645, der für die meisten anderen Flaggen galt, 
kurzerhand auch für Preußen an, obgleich die hinterpommerschen und alt- 
preußischen Häfen behaupteten, daß ihnen von Altersher ein Recht auf 
*) Weisung an Frankenberg, 16. Mai 1826; Berstett an Frankenberg, 16. Okt. 1829. 
**) Frankenberg's Bericht, 29. Juni 1829. 
 
	        
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