Preußens deutsche Handelspolitik. 483
weil man ihn für hoffnungslos hielt. Dagegen wurde wiederholt und
ernstlich die Frage erwogen: unter welchen Bedingungen Preußen mit
größeren Nachbarstaaten einen Zollbund abschließen könne? Klewitz beant—
wortete sie in einem Gutachten vom 27. Juni 1822 dahin: Nur unter
drei Bedingungen können wir die Nachbarstaaten in unseren Verband
aufnehmen. Wir müssen fordern: „Annahme unserer Branntweinsteuer
und einer angemessenen Biersteuer,“ nur dann wird der Verkehr aller
Schranken ledig. Ferner „ein sehr überwiegendes Vorrecht für Preußen
bei Bestimmung der Ein-, Aus- und Durchgangsabgaben“. Endlich „die
Douanenlinie in jenen Ländern muß ganz von uns abhängen,“ da die
bisherige Zollverwaltung der Nachbarstaaten keine Bürgschaft giebt für
die gewissenhafte Ausführung der Gesetze.“) Begreiflich genug, daß ein
preußischer Minister für seinen Staat eine solche handelspolitische Hege—
monie wünschte. Bald aber erkannte man in Berlin, wie wenig die Mittel—
staaten gesonnen waren, eine „fremde“ Verwaltung in ihren Ländern zu
ertragen, und stimmte daher seine Ansprüche herab.
Im Jahre 1824 verhandelten die drei Ministerien des Auswärtigen,
des Handels und der Finanzen nochmals über die Frage „wie sich Preußen
bei den Zollvereinsunternehmungen zu verhalten habe“. Geh. Rath Sotz—
mann, der Sohn des bekannten Geographen, eines der ersten Talente der
Finanzverwaltung, und H. v. Bülow faßten das Ergebniß der Berathung
in einer großen Denkschrift zusammen, welche schon mehrere Hauptgrund—
sätze der späteren Zollvereinsverfassung aufstellte.“) Sie erklärten: der
Anschluß an Preußen könne auf zwei Wegen erfolgen — entweder durch
vollständige Unterwerfung, wie sie in Bernburg geschehen sei, oder durch
eine freiere Verbindung. Einem größeren Staate dürfe nur die letztere
zugemuthet werden; doch müsse er jedenfalls seine Zölle und Consumtions=
steuern den preußischen gleichstellen. Der Unterschied von „Zollanschluß"“
und „Zollverein“ war also schon damals den preußischen Staatsmännern
geläufig, wenngleich sie die modernen Schulausdrücke noch nicht gebrauchen.
Da der Beitritt etwa von Kurhessen „nur so viel Zuwachs bringt als
ein einziger unserer Regierungsbezirke ausmacht“, so kann der Berliner
Hof die Entwickelung seines Zollwesens von der Zustimmung eines solchen
Bundesgenossen nicht unbedingt abhängig machen. Daher soll Preußen
sich nur auf eine Reihe von Jahren binden, um bei Ablauf der Frist
über Aenderungen und Zusätze sich von Neuem zu vereinbaren. Man
verzichtet mithin auf jedes Vorrecht, erkennt die volle Gleichberechtigung
des kleinen Bundesgenossen an und behält sich nur das Recht der Kün-
digung vor, als unentbehrliches Gegengewicht. Jeder der beiden Staaten
ernennt seine Zollbeamten selbst, doch werden sie beiden Regierungen ver-
*7) Denkschrift des Finanzministeriums vom 27. Juni 1822.
**) H. v. Bülow und Sotzmann, Promemoria vom 28. Dec. 1824.
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