Full text: Deutsche Geschichte im 19. Jahrhundert. Dritter Teil. Bis zur Juli-Revolution. (26)

A. Müller's Schleichhandelspläne. 43 
schen Herzoge schließlich doch zu einem Zugeständniß und versprachen auf 
der Dresdener Conferenz feierlich „zu einem Vereine mit Preußen wegen 
Sicherstellung seiner Landesabgaben auf möglichst ausführbare Weise die 
Hand zu bieten“. Auf dies Fürstenwort vertrauend hielt König Friedrich 
Wilhelm den Hader nunmehr für abgethan; er ratificirte die Akte, ließ 
jenes unglückliche Köthener Schiff freigeben, also daß die Klage am Bundes- 
tage ihren Gegenstand verlor, und Bernstorff lud die anhaltischen Höfe 
nochmals ein, in Berlin wegen der Bedingungen des Zollanschlusses zu 
verhandeln. Aber Monate vergingen, und kein anhaltischer Bevollmächtigter 
erschien. Dem unaufhaltsamen Köthener war es gelungen, seine wohlmei- 
nenden Vettern von Dessau und Bernburg, die ihr Wort halten wollten, 
wieder umzustimmen; sie hatten ihm versprechen müssen, nicht ohne ihn 
dem preußischen Zollsysteme beizutreten, und er war inzwischen mit seinem 
Adam Müller über einen neuen Betrug einig geworden. 
Da die Elbschifffahrtsakte im März 1822 in Kraft treten sollte, so 
entschloß sich Minister Klewitz im Januar, das Enclavensystem gegen An- 
halt vorläufig aufzuheben, was die Finanzpartei in Berlin schon längst 
gefordert, Eichhorn aber, aus Wohlwollen gegen das Nachbarland, bis- 
her verhindert hatte. Man umringte demnach die drei Herzogthümer mit 
preußischen Zollstellen; der Elbverkehr dagegen ward, gemäß der Akte, frei- 
gegeben und Preußen begnügte sich die nach Anhalt bestimmten Schiffe 
einer Durchsuchung zu unterwerfen. Eben auf diese Vertragstreue Preu- 
ßens hatte Adam Müller seinen sauberen Plan berechnet. Die Durch- 
suchung der Elbschiffe wurde natürlich zu leerem Scheine, sobald man an- 
haltischerseits unredlich verfuhr. Nun thaten sich sofort mehrere große 
englische Exportfirmen mit Köthener Kaufleuten zusammen, um den Schleich- 
handel unter dem Schutze des Herzogs in großem Stile zu pflegen. Das 
gesammte Ländchen ward ein Schwärzerwirthshaus, ein Stelldichein für die 
Gauner und Spitzbuben des deutschen Nordens. Die große Mehrheit der 
treuen Köthener segnete dankbar den Landesherrn, der ihnen billige Waare 
und reichlichen Verdienst beim schmutzigen Handel verschaffte. Wunderbar, 
wie sich die Verzehrungskraft dieses glücklichen Völkchens mit einem male 
hob, als wäre ein Goldregen über das Land gekommen. Nicht lange, 
und der anhaltische Consum von ausländischen Waaren verhielt sich 
zu dem preußischen wie 64: 1000, der von baumwollenen Waaren, die 
in Preußen hoch verzollt wurden, wie 165: 1000, die Bevölkerung der 
beiden Lande stand wie 9: 1000. Für die Drogen dagegen, welche das 
preußische Gesetz mit einem niedrigen Zolle belegte, zeigten die Anhalter 
geringere Neigung; hier stellte sich das Verhältniß nur wie 13: 1000. 
Und bei dieser übernatürlichen Consumtion gingen die herzoglichen Zoll- 
beamten dem Volke mit gutem Beispiele voran: der Zollinspector Klicker- 
mann in Dessau bezog, wie Preußen aus den Listen seiner Elbzollämter 
nachwies, in dem einen Jahre 1825 für seinen Hausbedarf zollfrei auf
	        
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