Full text: Deutsche Geschichte im 19. Jahrhundert. Dritter Teil. Bis zur Juli-Revolution. (26)

Mecklenburg. 567 
den Löwen in seiner Landesherrschaft bestätigt wurde, schloß sich willig 
den Eroberern an, förderte deutsche Sprache und Bildung so eifrig wie 
die Piasten in Schlesien oder das Greifenhaus in Pommern; aber der 
unbändige Thatendrang der Germanen blieb dem sanften Wendenblute 
fremd. Kein anderes Fürstengeschlecht des alten Reichs hatte eine so 
unkriegerische Geschichte. Wohl streckte einmal ein Mecklenburger Albrecht 
seine Hand aus nach den drei Kronen des Nordens, und ein anderer, 
Johann Albrecht nahm an dem Rebellenzuge des Sachsen Moritz theil; 
die große Mehrzahl dieser gutmüthigen Dörchläuchtings saß jedoch still 
daheim, zechend und jagend, behäbig und leutselig, hochbeliebt im Volke, 
zuweilen in örtlichen Fehden thätig, aber wenig bekümmert um die Händel 
im Reich. Die Landesgrenzen erlitten keine wesentliche Veränderung mehr, 
seit das Gebiet durch die Erwerbung des Landes Stargard, der Colonie 
der brandenburgischen Askanier abgerundet war. Dann und wann flog 
ein Feuerbrand aus den Flammen der deutschen und der nordischen Kriege 
bis in diesen versteckten Winkel des Reichs hinüber, zumal nachdem die 
Krone Schweden sich in Wismar ihre deutsche Hauptfestung errichtet hatte; 
aber Mecklenburg lag den großen Straßen des Handels und der Heere zu 
fern, um den Ehrgeiz der Kriegsmächte so lebhaft zu reizen wie seine viel- 
umkämpften Nachbarlande Pommern und Schleswig-Holstein. Außer den 
unvermeidlichen kursächsischen Candidaten betrat selten einmal ein Hoch- 
deutscher diese fremde Welt; die Wenigsten im Reiche wußten, wie schön 
dies verrufene Land war mit seinen hunderten kleiner Landseen, mit seinen 
ragenden Buchen und üppigen Feldern, mit der Zinnenpracht seiner alten 
Städte Rostock, Wismar, Güstrow, Neubrandenburg. 
Also von außen fast ungestört konnte sich der altständische Staat in 
seiner ganzen anarchischen Willkür entfalten und der Adel zu einer Zucht- 
losigkeit gelangen, welche dem Uebermuthe der polnischen Slachtizen wenig 
nachgab. Gleich dem Fürstenhause war auch ein Theil der Edelleute wen- 
discher Abstammung und von Altersher gewöhnt an jene cynische Menschen- 
verachtung, welche den slawischen Adel überall auszeichnet. Im Volke aber 
starb, trotz der starken Beimischung niedersächsischen Blutes und trotz der 
völligen Vernichtung der Wendensprache, die alte slawische Unterwürfigkeit 
niemals ganz aus. Seit der ständischen Union vom Jahre 1523 war 
den mecklenburgischen Landen für alle Zukunft ein gemeinsamer Landtag 
gesichert. Zur Zeit des nordischen Krieges unternahm dann Herzog Karl 
Leopold, begeistert durch das Vorbild Karl's XII., die Landstände seiner 
monarchischen Gewalt zu unterwerfen. Aber der Versuch mißlang, ob- 
gleich der Herzog unbedenklich russische Truppen zu Hilfe rief. Der kaiser- 
liche Hof trat nach seiner Gewohnheit für die habenden Freiheiten des 
Adels ein, und nach langen Wirren mußte das Fürstenhaus in dem Erb- 
vergleiche vom 18. April 1755 die Rechte der Stände anerkennen und 
erweitern. Zur selben Zeit, da fast überall sonst in Deutschland die
	        
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