Friede von Adrianopel. 745
daß er den Versicherungen des General Bey Glauben geschenkt habe und
nunmehr auf Frieden hoffe. Dann schloß er: „in diesem Sinne wird
der General Bey die Gefälligkeit haben, meinen alten und großherzigen
Freund den König von Preußen zu benachrichtigen und ihm zugleich mit—
theilen, daß ich mich ausdrücklich nach dem Zustande seiner kostbaren
Gesundheit erkundigt habe.“*)
In Adrianopel geriethen die Verhandlungen, als sie fast dem Ab—
schluß nahe schienen, nach orientalischem Herkommen plötzlich ins Stocken.
Da ließ Diebitsch seine Truppen einige Bewegungen unternehmen und
drohte gegen Stambul aufzubrechen, falls man bis zum 13. September
nicht im Reinen sei. Die Pforte erschrak und lud die Gesandten von
England, Frankreich, Preußen zu einer Berathung ein; der k. k. Inter-
nuntius wurde kaum noch beachtet, ihm hatte Müffling ins Gesicht gesagt,
Oesterreich habe durch seine doppelte Sprache jedes Vertrauen in Peters-
burg verloren. Auf die Bitte des Sultans entschloß sich dann Royer „als
Nachfolger Müffling's“, wie Machmud sagte, selber nach Adrianopel zu
gehen; dort bewog er am 14. Sept, die türkischen Bevollmächtigten zur
Unterzeichnung des Friedens.) Die russischen Officiere umringten den
Preußen im Lager, sprachen dem Könige ihre Dankbarkeit und Ehrfurcht
aus. Mit gutem Grunde; die älteren mindestens wußten, daß Preußen
sie aus einer peinlichen Verlegenheit errettet hatte.
Die Bedingungen des Friedens entsprachen dem dauernden Macht-
verhältniß der Kriegführenden; denn hätte man die Waffen wieder auf-
genommen, so wäre zwar Diebitsch's Heer vielleicht zu Grunde gegangen,
aber der Czar verfügte noch über eine Reserve-Armee, der Sultan nicht,
ein dritter Waffengang konnte also nach menschlichem Ermessen den Türken
nur neue Niederlagen und einen härteren Frieden bringen. Ueber das
Maß der wirklichen militärischen Vortheile, welche der Sieger augenblicklich
errungen hatte, gingen die Bestimmungen des Vertrags von Adrianopel
allerdings weit hinaus. Rußland erlangte die vollständige Erfüllung der
Verträge von Bukarest und Akkerman mit einigen wesentlichen Verschär-
fungen, sodann mehrere Grenzplätze am Kankasus und die freie Schiff-
fahrt durch die Dardanellenstraße, endlich eine Kriegsentschädigung, die,
obwohl nachher auf 7 Mill. Ducaten herabgesetzt, noch immer schwer genug
blieb, um die Pforte vom Petersburger Hofe abhängig zu machen. Es
war ein großer Schritt vorwärts zu der unausbleiblichen Vernichtung der
Türkenherrschaft in Europa. Die Donaufürstenthümer erhielten lebens-
längliche Hospodare und eigene Truppen, sie wurden von den Türken gänzlich
geräumt und standen, da sie nur noch einen Tribut an die Pforte zu zahlen
*) Rede des Sultans in der Audienz vom 3. Sept. 1829, von Müffling auf-
gezeichnet.
**) Ministerialschreiben an Maltzahn, 3. Okt. 1829.