Full text: Deutsche Geschichte im 19. Jahrhundert. Dritter Teil. Bis zur Juli-Revolution. (26)

Der neue Etat. 83 
starb, zu Anfang 1837 noch immer reichlich 48/, Mill., war mithin erst 
um kaum 2½ Mill. vermindert. Auch an Mißgriffen hatte es nicht 
gefehlt, da die Bank um jeden Preis Gewinn erzielen mußte und darum 
eine Zeit lang einen Metall= und Papierhandel betrieb, der ihrer Bestim- 
mung nicht entsprach. Immerhin waren die Dinge in gutem Gange, 
seit sie sich der unglücklichen polnischen Güter entledigt hatte, und es 
bleibt Friese's Verdienst, daß diese Bank, die älteste in Europa nach der 
englischen und der Hamburger, allein durch ihre eigene Kraft sich aus 
hoffnungslosem Verfalle wieder emporhob, während so viele andere rings 
umher schwächeren Stürmen erlagen. — 
Nunmehr begann der zweite schwierigere Akt der Reformarbeit. Har- 
denberg hatte den Jahresbedarf durch Rother und andere Finanzmänner 
wiederholt prüfen lassen und nach mehrfachen Streichungen schließlich die 
Ueberzeugung gewonnen, daß der Staat mit weniger als 56 Millionen 
seine regelmäßigen Ausgaben nicht decken könne; dies ergab ein wahr- 
scheinliches Deficit von 12 oder, wie Rother annahm, von 9 Mill.“) Eine 
solche Belastung seines armen Volkes wollte der König jedoch nimmermehr 
dulden; er berief daher im December 1819 auf Witzleben's Vorschlag 
eine neue Commission, der auch der gestrenge Ladenberg angehörte, und 
diese strich dann unbarmherzig Alles, was nur irgend entbehrlich schien. 
Die Gesammtkosten des auswärtigen Amtes wurden auf 600,000 Thlr. 
beschränkt. Die Repräsentationsgelder der Diplomatie sanken bis unter 
die Grenzen des Anstandes herab, und viele Jahre hindurch geschah es 
nur ganz selten, daß einmal ein preußischer Gesandter einen Kurier ab- 
zusenden wagte; alle eiligen Briefschaften wurden regelmäßig durch die 
Cabinetskuriere befreundeter Mächte oder durch zuverlässige Reisende be- 
fördert. Die Heeresausgaben bis auf 23 Mill. herabzusetzen, übernahm 
der König selbst; er beseitigte nicht nur eine Reihe überflüssiger Posten — 
so auf den eigenen Antrag des Gouverneurs Gneisenau den Aufwand 
für das Berliner Gouvernement —, er ließ sich auch durch seine landes- 
väterliche Gewissenhaftigkeit zu manchen Abstrichen verleiten, welche die 
Schlagfertigkeit des Heeres schädigen mußten. Vergeblich warnte der 
treue Witzleben.““) Der Kriegsminister Hacke blieb für solche Mahnungen 
taub; geschmeidig fügte er sich in die Herabsetzung des Servis und der 
Rationen und versprach sogar die Rekruten künftighin etwas später ein- 
stellen zu lassen. Also ward einer der Pfeiler der neuen Heeresverfassung, 
die dreijährige Dienstzeit schon unmerklich erschüttert, und man näherte 
sich wieder jenem Systeme falscher Sparsamkeit, das sich einst bei Jena 
so furchtbar bestraft hatte. Während in den neuen Provinzen alle Welt 
  
*) Rother, freimüthige Aeußerungen den Staatshaushalt betreffend, 12. Decbr.; 
Witzleben, Denkschrift über den Zustand der Finanzen, December 1819. 
**) Hardenberg's Tagebuch, 28. Jan., 3. Febr., 9. Nov. 1820. 
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