Niederwerfung des Neuenburger Aufstandes. 183
Vive le Roi, vive sa loi,
La liberté chérie!
Vive le Roi, vive sa loi,
Vive notre patrie!
Der König stiftete ein besonderes Ehrenzeichen für die Kämpfer und
dankte dem wackeren Völkchen mit warmen Worten: „Diese kleine Gegend
hat Europa eine Lehre und ein Beispiel gegeben, welche nicht verloren
sein und ihr eine ehrenvolle Stelle in der Geschichte erringen werden.“)
Aber er dankte auch der Tagsatzung für ihre eidgenössische Hilfe.“) Nicht so
ruhig dachten seine begeisterten Anhänger unter den Herrengeschlechtern;
hier war nur eine Stimme der Entrüstung über die Angriffe der schweizeri-
schen Presse und die wühlerischen Umtriebe in den Nachbarkantonen. Der
Oberst der Milizen, Graf Ludwig Pourtales, schrieb an Otterstedt, den
Gesandten bei der Eidgenossenschaft: „Die Beleidigungen der Schweizer
ekeln uns an. Die Schweiz will, daß wir uns von unserem König oder
von ihr lossagen sollen. Nun wohl, die Wahl ist leicht. Wir wollen
unseren König, die Kränkung hat uns diesen feindseligen Bundesgenossen
entfremdet.“ Wir wollen nicht die jakobinische Ansteckung; und sollte
selbst unsere Trennung von der Eidgenossenschaft zu einer europäischen
Frage werden, „umso besser; ich glaube die Intervention ist die einzige
Planke der Rettung für die Schweiz.““) Im selben Sinne sprach eine
Flugschrift, die aus diesen royalistischen Kreisen stammte: Les Suisses
délibèrent sur le sort de Neuchätel; ne saurons-nous pas en décider
nous-mémes? Das preußische Auswärtige Amt verwarf solche Pläne
gänzlich. Man wußte wohl, wieviel die Verbindung des Fürstentums
mit der Eidgenossenschaft an Wert verloren hatte seit dem Erwachen
des schweizerischen Radikalismus. Aber der König wollte weder den Rechts-
boden der europäischen Verträge verlassen, noch das waffenlose Ländchen
dicht an Frankreichs Grenze einem unbestimmten Schicksal preisgeben; er
wollte auch einen Fuß im Bügel der Eidgenossenschaft behalten, da die
Diplomaten des Bürgerkönigs sich so geflissentlich bemühten, die Schweiz
wieder, wie in den bourbonischen Zeiten, unter Frankreichs Vormundschaft
zu stellen, und befahl daher strenge Zurückhaltung nach beiden Seiten. )
Auf seinen Befehl verstummten die Heißsporne der Royalisten. Der Kan-
ton erfüllte seine Pflichten gegen den Bund so gewissenhaft, daß während
der nächsten zehn Jahre trotz der herausfordernden Haltung der Radikalen
der offene Kampf mit der Tagsatzung noch vermieden wurde.
Trotzdem verwickelte sich Preußens schweizerische Politik mehr und
mehr in einen tragischen Widerspruch. Bei gutem Willen hüben und
*) Kabinettsordre an Pfuel, 31. Dez. 1831.
**) Ancillon, Weisungen an Otterstedt, 4. Okt., 25. Nov. 1831.
***) Pourtalès an Otterstedt, 8., 25. Jan. 1832.
#) Otterstedts Bericht, 14. Jan. Ancillon, Weisung an Otterstedt, 7. Febr. und
Bericht an den König, 17. März 1832.