Das badische Preßgesetz. 233
Deutschland eingeschleppt werde. Der Vorwand erschien durchsichtig ge-
nug; denn der Einmarsch deutscher Bundestruppen in „das Land der
Knute und der Cholera“ war sicherlich das beste Mittel, um die Seuche
weithin über Deutschland zu verbreiten. Blittersdorff wurde zum Bericht-
erstatter gewählt und fragte diesmal bei seinem Minister an. Mit Türck-
heims Genehmigung beantragte er sodann und setzte durch, daß der
Bundestag nicht nur die Eingaben der Polenfreunde zurückwies, sondern
auch für die Zukunft die Einsendung politischer Adressen untersagte
(27. Okt.).) Am 10. Novbr. wurden die Vorschriften des Bundes-Preß=
gesetzes den Höfen nochmals nachdrücklich eingeschärft, am 19. das Straß-
burger „Konstitutionelle Deutschland“ verboten. Der letztere Beschluß
war eine wohlberechtigte Abwehr; ein Blatt, das so offen den Rheinbund
und den Aufruhr verfocht, konnte dort an der Grenze nur Unheil stiften.
Bei dem allen wirkte der badische Gesandte insgeheim eifrig mit, und
Türckheim bedauerte nur, daß Blittersdorff nicht reinen Mund gehalten
habe, da man in München schon die Meinung des Karlsruher Hofes
über das Straßburger Blatt kenne.)
In diesen nämlichen Tagen, da Baden am Bunde die alte Karls-
bader Politik unterstützte, versprach Winter, dem Landtage das verlangte
Preßgesetz sogleich vorzulegen. Anders wußte er sich angesichts der
Drohungen des Landtags nicht mehr zu helfen; auf die Verweigerung des
Budgets, auf die Auflösung der Kammern durfte er's nicht ankommen
lassen. Vorsorglich hatte Türckheim schon früher nach Wien geschrieben,
das badische Preßgesetz werde jedenfalls die Rechte des Bundes und der
Mitverbündeten gewissenhaft wahren.***) In der Tat bestimmte der den
Kammern vorgelegte Gesetzentwurf, daß die Zensur zwar der Regel nach
hinwegfallen, doch für die Besprechung der Angelegenheiten des Deutschen
Bundes oder der anderen Bundesstaaten noch fortbestehen sollte. Die
Kammer aber fand in ihrem Siegesübermute selbst dies Zugeständnis
an das Bundesrecht noch zu stark; sie fügte einen Paragraphen hinzu,
kraft dessen der Herausgeber einer Zeitung, der die obige Vorschrift um-
ginge und dann auf die Beschwerde des Bundes oder einer Bundesre-
gierung wegen Beleidigung gerichtlich verurteilt würde, zu der verwirkten
Strafe noch eine Zusatzstrafe von 5 bis 50 Gulden tragen solle. In
solcher Fassung erschien das Preßgesetz wie ein Hohn auf das Ansehen
des Deutschen Bundes. Die badischen liberalen Blätter riefen schon trium-
phierend: es gibt in Baden keine Zensur mehr; wir unterwerfen uns
keinem Zensor, sondern tragen willig die kleine Zusatzstrafe, falls ein Ge-
richt uns wegen Schmähung des Bundestags verurteilen sollte. Wie
*) Blittersdorffs Bericht, 4. Okt. Türckheims Weisung, 6. Okt. 1831.
*) Türckheim, Weisung an Blittersdorff, 24. Nov. 1831.
*“*#) Türckheim, Weisung an Tettenborn, 26. Sept. 1831.