Full text: Deutsche Geschichte im 19. Jahrhundert. Vierter Teil. Bis zum Tode König Friedrich Wilhelms III. (27)

244 IV. 4. Landtage und Feste in Oberdeutschland. 
bruchs angeklagt werden. Von den Beschlüssen des Bundestags sprach 
man nur mit zorniger Verachtung; selbst Ignaz Rudhart, der wieder 
mit dem herzerwärmenden Feuer seiner Beredsamkeit für die Sache des 
gemäßigten Liberalismus eintrat, schlug Bayerns Bundespflichten sehr 
niedrig an und forderte die unbeschränkte Preßfreiheit. 
Nach langen erbitterten Kämpfen sah der König endlich ein, daß er 
den verhaßten Minister nicht mehr halten konnte. Schenk wurde in die 
Provinz versetzt und den Ständen eine neue, sehr gemäßigte Preßver- 
ordnung vorgelegt: sie gab die Besprechung bayrischer Angelegenheiten 
völlig frei und widersprach also schnurstracks den neuen, durch Bayern 
selbst veranlaßten Bundesbeschlüssen. Auch dies genügte der Kammer noch 
nicht; die Köpfe hatten sich schon so sehr erhitzt, daß sogar Präsident Seuffert, 
der Diplomat des Hauses rundab erklärte: „Alles oder nichts!“ Die 
Kammer der Reichsräte aber wollte den Abgeordneten auf ihrer ab- 
schüssigen Bahn nicht folgen, und so blieb denn der gewaltige Lärm 
schließlich ohne jedes Ergebnis. Die Krone behielt freie Hand gegenüber 
der Presse. Ebenso unerquicklich verlief der langwierige Streit wegen der 
Urlaubsverweigerung; zu einem Verzicht auf sein verfassungsmäßiges 
Recht ließ sich der König nicht bewegen. 
Darüber vergingen Monate; erst in ihrer hundertsten Sitzung begann 
die Kammer die Beratung des Budgets und bewährte sogleich ihre Ge- 
sinnungstüchtigkeit durch umfassende Streichungen, obgleich Armansperg 
durch seine übersparsame Verwaltung das Defizit von fast 3 Millionen 
Gulden beseitigt und einen Überschuß von 7 Millionen gewonnen hatte. 
Die ohnehin viel zu knapp bemessenen Ausgaben für das verwahrloste 
Heer sollten noch einmal beschnitten werden. Auch die Vereidigung des 
Heeres auf die Verfassung wurde beantragt. Diese törichte Forderung 
galt selbst unter den Gemäßigten für einen unantastbaren Glaubenssatz 
des liberalen Katechismus; indes war Rudhart klug genug, zu erklären, 
daß er dem verfassungstreuen Monarchen kein Mißtrauen aussprechen 
wolle, und so gelang es, den Antrag noch zu beseitigen. Aber auch die 
Zivilliste des Königs dachten die Liberalen um fast ein Viertel zu kürzen 
und die Verhandlungen darüber mußten den Monarchen tief kränken, 
da jedermann wußte, daß er von seinem Einkommen nichts für sich, 
alles für die Kunst verwandte. Für die Kunstpflege, die unter König 
Ludwig doch allein dem bayrischen Staatsleben Würde und Inhalt gab, 
zeigte der aufgeklärte Liberalismus wenig Verständnis; fast alle Ausgaben 
für Neubauten wurden verworfen. Die mächtigen Quadermauern der 
Pinakothek ragten schon aus dem Erdboden heraus; dennoch verweigerte 
die Kammer — vielleicht nach dem Buchstaben, doch sicherlich gegen den 
Geist der Verfassung — die Mittel zur Fortführung des Werkes. Ein 
liberaler Redner rief triumphierend: möge dieser Bau liegen bleiben 
„als eine Ruine der Gesetzmäßigkeit!“ — und der König sah sich ge-
	        
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