Full text: Deutsche Geschichte im 19. Jahrhundert. Vierter Teil. Bis zum Tode König Friedrich Wilhelms III. (27)

Der Freiburger Freisinnige. 249 
des gallischen Hahnes, der zum zweitenmal durch seinen kräftigen Flügel— 
schlag die Ketten zerrissen habe. Zum Schluß erhob sich der ebenfalls 
unvermeidliche „edle Pole“, um seinen Unwillen über das Regiment des 
französischen Justemilieu auszusprechen, worauf Rotteck, um ihn zu trösten, 
Lafayette leben ließ, „die reinste Personifikation des edelsten Geistes und 
Charakters in Frankreichs Revolution und Volk.“ Die mit so großen Er— 
wartungen begrüßte Zeitschrift besprach die auswärtige Politik mit blinder 
Leidenschaft und vollendeter Unwissenheit; beharrlich wiederholte sie ihren 
Lesern das alberne Märchen, daß Österreich und Preußen die Deutschen, 
wie einst Napoleon gegen die Spanier, so jetzt gegen die Freiheit Frank- 
reichs als willenlose Knechte in den Kampf führen wollten. 
Über die heimischen Angelegenheiten urteilte der „Freisinnige“ 
ruhiger, sachkundiger, und wer ihn mit den anderen, leider recht unge- 
ratenen Erstlingen der neuen Preffreiheit verglich, der konnte schon er- 
kennen, daß die badische Opposition zwei grundverschiedene Parteien um- 
schloß. Im Oberlande donnerte „der Schwarzwälder“ des jungen Juristen 
Bader gegen die Zwergmännerchen der Kabinette und die Kaste der so- 
genannten Adligen mit ihren Ausschweifungen, ihrer Uppigkeit, ihren 
Lastern: „sie mögen nur herkommen, die Knechte der Tyrannei!“ In 
Mannheim ließ der frische, geistreiche, aber auch zerfahrene und flüchtige 
Brausekopf Franz Stromeyer den „Wächter am Rhein“ erscheinen. Dann 
und wann gab ihm sein Schwager, der junge Karl Mathy einen verstän- 
digen Artikel; er selber erging sich zumeist in wilden Anklagen, drohte mit 
dem Bunde der Völker gegen die Fürsten, forderte die beiden Großmächte 
geradehin zum Kampfe heraus: Alle Herzen schlagen für Badens Preß- 
freiheit: „Hessen, Nassau, Rheinbayern, Braunschweig werden auf Leben 
und Tod mit uns stehen. Das ist Badens Macht! Nur zu mit der 
Gewalt! Nur zu! Gebt die Losung zur Wiedergeburt des Vaterlandes!“ 
Solange man noch gemeinsam dem drohenden Bundestage gegenüber- 
stand, konnten sich freilich diese Radikalen von den gemäßigten Liberalen 
noch nicht scharf abscheiden. 
Überhaupt gärten die Meinungen noch so wild durcheinander, daß 
keine Partei ihre eigenen Ziele klar erkannte. Mancher der süddeutschen 
Bewunderer Frankreichs wähnte im besten Glauben, nur das Werk der 
Befreiungskriege fortzuführen, wenn er die damals errungene nationale 
Unabhängigkeit auf seine Weise durch den Ausbau der inneren Freiheit 
zu vollenden suchte. Eine in Straßburg gedruckte, offenbar in Baden 
entstandene Schrift „Bitt' ums Wort, eine kleine halbe Stunde mit 
Arndt und Jahn“ fragte den Turnmeister ganz verwundert: man sage, 
er urteile ungünstig über die Juli-Revolution; „das kannst du nicht ge- 
sagt haben, alter Kämpe, du hast der Freiheit Rennlaufbahn in Deutsch- 
land eröffnet. Die Franzosen sind die Jugend Europas, von allen Völkern 
der Erde müssen sie gerade dir am besten gefallen.“ Arndts Schrift gegen
	        
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