Full text: Deutsche Geschichte im 19. Jahrhundert. Vierter Teil. Bis zum Tode König Friedrich Wilhelms III. (27)

378 IV. 6. Der Deutsche Zollverein. 
einsahen, wo der Grund der ewigen Finanznot lag. Spröder verhielt 
sich Gotha, da hier der hergebrachte Schmuggel allgemein als ein Na- 
tionalglück betrachtet wurde. Maassen und Eichhorn entwickelten nun 
ausführlicher den einfachen Gedanken, den sie so oft schon ausgesprochen 
hatten: die verzettelten thüringischen Gebiete sollen zunächst unter sich 
einen Verein mit gemeinsamer Zollverwaltung bilden und dann erst als 
eine geschlossene Einheit in den großen Zollverein treten; Preußen will 
die Kreise Erfurt, Suhl und Ziegenrück diesem thüringischen Vereine zu- 
teilen, wird auch dafür sorgen, daß Kurhessen sein Schmalkaldener Land 
hinzufügt. Zu förmlichen Verhandlungen kam es auch jetzt noch nicht; 
denn Eichhorn hoffte, vorher mit Bayern und Württemberg abzuschließen. 
Diese beiden Höfe fühlten sich schon beunruhigt durch die Anfragen der 
Ernestiner; sie meinten: schließe Thüringen früher ab, so sei der Süden 
auf Gnade und Ungnade dem Belieben Preußens überliefert. Darum 
richteten sie sogar eine Verwahrung an den Berliner Hof (15. Nov. 1832): 
ohne die vorhergehende Zustimmung Bayerns und Württembergs dürfe 
Preußen die Thüringer nicht aufnehmen. Der Dresdner Hof, der sich 
noch immer als das geborene Oberhaupt der Ernestiner fühlte, verlangte 
zu allen Verhandlungen mit seinen Stammesvettern zugezogen zu werden. 
Preußen erwiderte: wir werden Sachsens Interessen sorgsam wahren, 
doch der Zutritt eines sächsischen Bevollmächtigten kann die Verhandlungen 
nur erschweren. Immerhin haben diese Bedenken der drei kleinen Königs- 
kronen den Beginn der Unterhandlungen verzögert. 
Erst im Dezember 1832 begannen die Konferenzen mit den Thüringern. 
Die preußischen Staatsmänner schlugen vor, eine Zentralbehörde für das 
thüringische Zollwesen zu bilden. Große Bestürzung; keiner der Kleinen 
wollte eine solche Beschränkung seiner Souveränität zugeben. Da meinten 
die Preußen begütigend: es werde genügen, einen Generalinspektor einzu- 
setzen; der müsse freilich in Erfurt wohnen, als dem Mittelpunkte des 
Landes, doch solle er nicht von Preußen, sondern von der thüringischen 
Hauptmacht Weimar ernannt werden. Hiermit schien jeder Widerspruch 
entwaffnet. Wenn Preußen sein Zollwesen einem weimarischen Beamten 
unterstellte, so durfte auch der Reußenstolz und der Gothaerdünkel nicht 
klagen. Gleichwohl erhoben Altenburg und Meiningen neue Bedenken; sie 
konnten sich nicht in den Gedanken finden, daß ihre Verwaltung fremder 
Aufsicht unterliegen solle. Schon war man nahe daran, ohne Meiningen 
abzuschließen. Da drohte Kühne: wenn man die preußischen Beamten als 
Spione betrachte, dann müsse Preußen sein gefürchtetes Enklavensystem 
gegen die kleinen Nachbarn anwenden. Das schlug durch. Am 10. Mai 
1833 wurde der „Zoll= und Handelsverein der thüringischen Staaten“ 
gebildet, am folgenden Tage erklärte der neue Verein, der das gesamte 
System der preußischen indirekten Steuern annahm, seinen Zutritt zu 
dem Deutschen Zollvereine. Ein weimarischer Generalbevollmächtigter ver-
	        
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