Full text: Deutsche Geschichte im 19. Jahrhundert. Vierter Teil. Bis zum Tode König Friedrich Wilhelms III. (27)

656 IV. 9. Der welfische Staatsstreich. 
Münch, Hofrat Werner, Maltzan, der jüngere Schele und der hannö— 
versche Gesandte in Wien, Bodenhausen. Der einzige Weg, der aus dem 
Labyrinthe herausführte, schien jetzt ungangbar. Nachdem das Patent er— 
schienen, konnte Ernst August nicht mehr das Staatsgrundgesetz annehmen 
und dann versuchen, ob bei dem rechtmäßigen Landtage einige Änderungen 
durchzusetzen seien. In eine solche Demütigung hätte der stolze Welfe 
nie gewilligt. Da war es denn fast lächerlich, wie Metternich sich drehte 
und wendete, um den welfischen Bevollmächtigten zu erweisen, daß aus dem 
Staatsstreiche doch noch ein Staatsrecht entstehen könne. Er zeigte ihnen: 
wolle man zurück zu der alten Verfassung, so müsse man auch die Stände 
von 1819 einberufen; versammle man aber angekündigtermaßen die gegen- 
wärtigen Stände, so dürfe man ihnen auch nur das Staatsgrundgesetz zur 
Abänderung vorlegen, denn unmöglich könnten in einem Staate zwei Ver— 
fassungen zugleich bestehen. Die beiden Hannoveraner, die sich allerdings 
keineswegs durch diplomatischen Scharfsinn auszeichneten, wurden aus den 
gewundenen Sätzen nicht klug und mißverstanden den Sinn so gänzlich, daß 
Metternich sich nachher genötigt sah, wider ihre Berichte eine Entgegnung 
zu schreiben.“) Die Beratung brachte kein Ergebnis. Nur so viel war 
deutlich, daß der Osterreicher den ganzen Streit sehr ungern sah und ihn 
womöglich dem Bundestage fernhalten wollte. Darum brauchte Ernst 
August doch nicht an der Hilfe der Hofburg zu verzweifeln; denn Metter— 
nich sprach durchweg im Tone des besorgten treuen Freundes und sagte 
noch nach der Königswarther Unterredung zu Maltzan: der König hat 
ganz recht, er geht nicht einmal so weit, als er gehen dürfte; wenn ich 
selbst, der ich von Geburt an versöhnliche Neigungen hege, dies bezeuge, 
so ist damit alles gesagt. Überdies hatte der Wiener Hofpublizist Jarcke 
bereits Befehl erhalten, den Welfen mit seiner Feder zu unterstützen.) 
An die süddeutschen Höfe wurde der Bundesgesandte Stralenheim 
gesendet, um sie für Hannover günstig zu stimmen. Er bestach unterwegs 
die ultramontane Neue Würzburger Zeitung mit hundert Dukaten; Robert 
Peel aber, den er in Stuttgart sprach, versagte ihm rundweg jeden Bei- 
stand im Parlamente, und die Kabinette speisten ihn mit unverfänglichen 
Worten ab. Nur von dem Könige von Württemberg, der wieder einmal 
mit seinem Landtage unzufrieden war, glaubte Stralenheim ein freund- 
liches Versprechen erhalten zu haben — eine wunderliche Täuschung, die 
sich nur aus der Unfähigkeit des welfischen Diplomaten erklärte.*“) Der 
nachtragende König Wilhelm hegte gegen Ernst August eine alte Abneigung, 
er führte mit der Krone Hannover seit Jahren einen ärgerlichen Rang- 
  
*) Schele d. J., Notatum, Königswarth, 11. Aug., Bodenhausens Bericht, 14. Aug., 
Metternich an Trauttmansdorff, 7. Sept., nebst einer Aufzeichnung für Bodenhausen 
wom 11. Sept. 1837. 
**) Berichte von Maltzan, 16. Aug., von Bodenhausen, 1. Sept. 1837. 
* 2) Stralenheims Berichte, 27., 31. Okt. 1837 ff.
	        
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