Haltung der Bischöfe. Sedlnitzky. 711
Schreiben des Papstes, das den Fürstbischof kurzerhand zur Abdankung
aufforderte, weil er sich die Gemüter der Gläubigen ganz entfremdet hätte.
Einem solchen Befehle wagte der gutmütige Prälat nicht zu widersprechen,
sein Rücktritt war nur noch eine Frage der Zeit. Die ultramontane Partei
im schlesischen Klerus bekämpfte ihn mit unverhohlenem Hasse, und auf
seine Herde konnte sich der längst geschwächte Episkopat nicht mehr ver—
lassen. So wunderbar hatte sich, zur Überraschung aller Regierungen,
die Stimmung des katholischen Volkes in den letzten Jahrzehnten ver-
wandelt: wer noch gläubig an der Kirche hing, hielt unbedingt zum heiligen
Vater.
Wenn Bunsen einst gehofft hatte, die Kurie mit Hilfe der Landes-
bischöfe zu bezwingen, so waren seine Pläne nicht nur gescheitert, sondern
ins Gegenteil umgeschlagen: jetzt führte die Kurie den gesamten preu-
ßischen Episkopat gegen die Krone ins Feld, und dieser Streit verwickelte
sich so seltsam, daß selbst eifrige Protestanten nicht mehr mit ungeteiltem
Herzen auf seiten des Königs stehen konnten. Gewiß mußte jeder treue
Preuße billigen, daß die Krone offenbare Widersetzlichkeit gegen die Staats-
gesetze nicht dulden wollte. Ein sachlicher Widerspruch aber bestand seit
der Kabinettsordre vom 28. Januar 1838 nicht mehr. Die Kurie verlangte
das Versprechen der katholischen Kindererziehung vor jeder kirchlichen
Trauung; der Staat gestattete den Pfarrern der westlichen Provinzen,
bescheidene Erkundigungen wegen der Kindererziehung anzustellen, und über-
wies dann die letzte Entscheidung den Bischöfen. Wo war hier ein erheb-
licher Unterschied? Die Staatsgewalt hatte in der Rheinprovinz den For-
derungen der römischen Kirche nachgegeben und sie konnte selbst nicht mehr
wünschen, daß auf die Dauer im Osten ein anderes Staatskirchenrecht
gelte als im Westen.
Wie sollte eine Regierung, die neben einer Fülle von Talenten zweiten
Ranges keinen einzigen beherrschenden Kopf besaß, aus solchen Irrwegen
hinausgelangen? Der römische Stuhl ergriff jede Gelegenheit, um die
preußische Krone von neuem zu reizen. Als der König gegen Dunins
Widersetzlichkeit zuerst einschritt, legte Kardinal Lambruschini sofort Ver-
wahrung ein wider diesen Mißbrauch der weltlichen Gewalt.5) Dann hielt
der Papst, am 13. September 1838, eine zweite Allokution, die noch ge-
hässiger klang als die erste er empfahl Dunins „unbesiegte Mannhaftig-
keit“ allen preußischen Bischöfen als Vorbild und bestritt sogar das alte
Recht des königlichen Placet. Im Juli 1839 folgte eine dritte Allokution
ähnlichen Inhalts und alle diese feindseligen Ansprachen sendete Lambrus-
chini an den preußischen Geschäftsträger. Buch erhielt zwar endlich Be-
fehl, derartige Zusendungen in Zukunft nicht mehr anzunehmen, aber der
diplomatische Verkehr ward nicht abgebrochen; denn Altenstein warnte
*) Lambruschini an Buch, 25. Juli; Buchs Bericht, 25. Juli 1838.