752 XXIV. Handschreiben König Ernst Augusts.
sprünglichen Neigung ungescheut folgen. Deshalb wird jeder Versuch, die Stellung des
Bundes, die Verhältnisse der Presse, die Verordnungen wider politische Vereine und Ver—
sammlungen, die Freiheit der landständischen Wahlen, kurz solche Dinge zur Sprache zu
bringen, welche notwendige Bedingungen eines konstitutionellen Lebens sind, gleich in
der Geburt erstickt werden. Wie auch der Geist der Wähler beschaffen sein mag, so
wird man doch behaupten dürfen, daß auch sie die Wahl eines landständischen Abge-
ordneten nicht als ein Recht betrachten, sondern als eine Last.
Und wie sollten sie anders, da sie seit 1819 noch nicht in dem Falle gewesen sind,
die Segnungen der Verfassung an sich selbst zu erkennen? Die gegenwärtige Finanz-
Verwaltung Württembergs ist geordnet, Veruntreuungen des Staatseigentums durch
die Administration sind nicht zu besorgen, die Regierung wünscht das Wohlsein ihrer
Untertanen und wenn es diesen erlaubt wäre, sich in politischen Dingen eine selbständige,
eigene Meinung zu bilden und solche geltend zu machen, so wäre für den Württemberger
als solchen kein gerechter Grund zur Klage vorhanden.
Aber diese Beschwerde ist nicht allgemein. Denn den wenigsten wohnt das Gefühl
ihrer staatsbürgerlichen Bedeutungslosigkeit inne und eben deshalb haben sie in dem be-
schränkten Kreise, worin sie sich bewegen dürfen, kein Verlangen nach einer Opposition,
für die es ohne geistige Freiheit kein materielles Glück gibt.
Von dieser Überzeugung bin ich durchdrungen und sie ist es, welche meinen jetzigen
Entschluß hervorgerufen hat.
Ich werde den Geschicken meines Vaterlands auch ferner meine volle Teilnahme
widmen, ich werde da nicht fehlen, wo ich hoffen darf, nützen zu können, aber ich werde
unter den gegenwärtigen Verhältnissen die Wahl zum landständischen Abgeordneten, wenn
sie auf mich fallen sollte, nicht annehmen.
Stuttgart, den 1. November 1838.
F. Römer.
XXIV. Handschreiben König Ernst Augusts.
Zu Bd. IV. 651. 658.
Ein Schreiben an Schele vom 7. Juli 1837 über die Einwendungen, welche das
Staatsministerium gegen das Patent vom 5. Juli erhoben hatte, beginnt also:
„Nachdem Ich habe gehört und gelesen die Einwendungen.. fühle ich es Meine
Würde nicht gemäß, daß in Zweifel zu lassen, was ist Meine wahre Meinung und In-
tention, und deswegen bleibt es bei dem von mir vollzogenen Patent.“"
Über die Eingabe der Göttinger Sieben schreibt der König an Schele (Roten-
kirchen, 28. November 1837):
„Aus ihrem Inhalte habe ich entnommen, namentlich aus der Stelle, wo sich die
Professoren nach erfolgter Aufhebung des Staatsgrundgesetzes dasselbe gewissermaßen noch
als gültig zu betrachten und aufrecht zu erhalten herausnehmen und die auf verfassungs-
mäßigem Wege von Mir und den Ständen des Jahres 1819 etwa zu vereinbarende
Verfassung nicht anerkennen wollen, daneben auch von freventlicher Verletzung ihres
Eides sprechen — daß die Professoren augenfällig eine revolutionäre, hochverräterische
Tendenz verfolgen, welche sie persönlich verantwortlich macht: sic scheinen daher der Macht
des peinlichen Richters verfallen, und zweifle ich nicht, daß von allen beteiligten Be-
hörden alles werde getan werden, um diesem verbrecherischen Beginnen nicht allein zu
steuern, sondern auch die Schuldigen zur Verantwortung und Strafe zu ziehen.“