Der Koburgische Hoheitstitel. 135
lächerlicher Titelstreit brachte ihm dies zum Bewußtsein. Schon längst
strebten die ernestinischen Herzöge nach schöneren Titeln, weil sie bei der
großen Rangerhöhung der rheinbündischen Zeiten leer ausgegangen waren.
Seit das Haus Koburg so kühn emporgestiegen, meinte sich vornehmlich
der alte Herzog von Koburg als Vater und Bruder gekrönter Häupter
wohlberechtigt, den Namen eines Großherzogs oder einer königlichen Hoheit
zu führen. Die englischen Verwandten unterstützten ihn dabei lebhaft'):
denn die Koburger bewährten sich auch darin als treue Jünger der alten
Aufklärung, daß sie zwar mit Worten gern über leere Standesunterschiede
spotteten, in der Tat aber ihren Rang sehr eifersüchtig wahrten. Nach
strengem Rechte konnte der Koburgische Herzenswunsch nur durch einen
Bundesbeschluß erfüllt werden, weil der Bund über der Rangordnung
seiner Mitglieder zu wachen, auch die Mediatisierten schon gewissenhaft in
Durchlauchten und Erlauchten eingeteilt hatte. In Frankfurt aber lagen
die Dinge höchst ungünstig. Der Präsidialhof war über das selbstbewußte
Auftreten des Herzogs von Koburg-Kohary, der doch unzweifelhaft zu den
Untertanen der Stephanskrone gehörte, längst sehr aufgebracht, seine
Diplomaten redeten mit der äußersten Gehässigkeit über den Koburger
Hof.**) Auch der König von Preußen wollte den althistorischen Titel
Durchlaucht nicht gern ändern. Nun gar die kleineren Fürsten meinten
sich allesamt, und manche mit Recht schwer beeinträchtigt; sie beruhigten
sich auch nicht, als Koburg seine Ansprüche herabsetzte und nur noch den
Titel Hoheit verlangte. Da wünschten Nassau und Braunschweig, von
wegen ihrer größeren Macht, Großherzoge zu werden; in Baden, das ja
einst den Kurhut getragen hatte, sprach man schon von der Annahme
des Königstitels; der Kurfürst von Hessen dachte seiner verunglückten Katten-
krone, der Großherzog von Darmstadt dem stolzen alten Mainzer Kurhute
den Majestätstitel beizulegen; Homburg wollte landgräfliche, Schwarzburg
fürstliche Hoheit heißen; der Fürst von Hechingen ließ die Hoheit für
Nassau nicht gelten, weil sein Haus früher als Nassau in den Fürsten-
rat des alten Reichstags gelangt war.***) So zeigte sich an einem ab-
geschmackten und doch sehr heftigen, die Bundesgenossen tief verstimmenden
Zwiste, daß jene ruhelose soziale Eitelkeit, welche beständig nach oben
drängend, den Herrennamen zum Gemeingut aller, die Mädchen zu Fräu-
lein, die schlichten Marschälle und Seneschälle zu Großwürdenträgern ge-
macht hat, auch in demokratischen Jahrhunderten bei hoch und niedrig
ihren Spuk treibt.
Mittlerweile hatte der unternehmende junge Herzog Ernst II. die
Regierung in Koburg angetreten. Er merkte bald, daß auf diesem Markte
*) Bunsens Berichte, 8. Juli, 25. Aug. 1842.
**) Bunsens Berichte, 5. 8. Nov. 1842.
*“*) Berichte von Dönboff, 27. April ff.; von Radowitz, 19. Mai; Fürst v. Hohen-
zollern-Hechingen an Dönhoff, 7. Mai 1844.