Verheißung der Vereinigten Ausschüsse. 141
könne; auch behielt er sich vor, diese Ausschüsse je nach Umständen zu ge-
meinsamer Beratung zu vereinigen. Dergestalt begann die von Friedrich
Wilhelm so lang geplante organische Entwicklung der ständischen Institu-
tionen. Er ahnte nicht, wie weit sie führen mußte. Die erweiterte Offent-
lichkeit, die er den Landtagen gewährte, hatte er freilich sehr eng umgrenzt;
denn er kannte alle Übelstände des konstitutionellen Systems nur zu ge-
nau, er fürchtete die Eitelkeit der parlamentarischen Redner und wußte
auch, wie selten die Zeitungen ein treues Bild von den Landtagsverhand-
lungen geben; darum verbot er, die Namen der Redner zu erwähnen.
Doch wie leicht ließ sich dies ängstliche Verbot umgehen. Die klugen
Rheinländer wußten ihre Protokolle alsbald so einzurichten, daß jeder-
mann auf die Hauptredner mit Fingern weisen konnte. Mit dem Ge-
heimnis der Verhandlungen brach aber ein Grundpfeiler des alten Stände-
wesens zusammen. Landtage, die sich dem Urteil der öffentlichen Meinung
preisgaben, konnten sich auf die Dauer nicht mit unmaßgeblichen Rat-
schlägen begnügen, sie mußten fordern, daß ihnen irgend ein Recht der
Beschließung gewährt würde und die Räte der Krone ihnen persönlich
Rede stünden. Mehrere Minister sagten dies dem Monarchen sogleich
voraus; er hörte sie nicht.
Noch unklarer blieb, was die Vereinigten Ausschüsse und ihre ver-
heißene „Mitwirkung“ bedeuten sollten. Die Gesandten der kleinen Höfe
sahen in ihrer Herzensangst schon das Schreckbild einer parlamentarischen
Regierung emporsteigen.) Aber auch mancher ruhige Mann zog den
bündigen Schluß: die Vereinigten Ausschüsse sollen aus den Provinzial-
ständen gewählt werden, sie sind mithin nichts anders als die in der Ver-
ordnung vom 22. Mai 1815 verheißene Repräsentation des Volks und
können, sobald sie in Berlin zusammentreten, alle Rechte einer solchen
verlangen. Der König hingegen betrachtete die Ausschüsse, deren Beru-
fung ihm Rochow zuerst vorgeschlagen hatte, lediglich als ein Mittel, um
seine Preußen nach und nach für einen künftigen Vereinigten Landtag
zu erziehen. Seinem Schön erklärte er: „In den Ausschüssen hab' ich
mir Elemente geschaffen, durch welche ich in den landtaglosen Jahren die
wichtigsten Gesetze für die nächsten Landtage vorbereiten und Dinge all-
gemeinen Interesses von den vorigen Landtagen her ausgleichen kann;
mit einem Worte, die Möglichkeit, schon jetzt und sobald sich das Be-
dürfnis zeigt, alle Vorteile der Generalstände zu genießen, ohne die Er-
schütterungen, welche ihre plötzliche Einführung mit sich führt, befürchten
zu müssen; und kommen die Fälle, die in des seligen Königs Gesetzen
vorgesehen sind, wo ein Allgemeiner Landtag unumgänglich ist, so ist der
Ideen-Austausch und das Beraten mit Männern aus allen Ländern
nichts Ungewohntes mehr. Kurz, ich habe einen Bau begonnen, der ohne
*) Bergers Bericht, 29. April 1841.