182 V. 3. Enttäuschung und Verwirrung.
Monarch ihnen nach freiem Ermessen vorlegte, unmaßgebliche Ratschläge
erteilen? Der König meinte unzweifelhaft das letztere, er dachte nach
seiner patriarchalischen Weise die Preußen erst durch die Schule der Aus—
schuß-Beratungen zu erziehen, um ihnen späterhin noch größere ständische
Rechte zu gewähren. Doch wer konnte die Ratschlüsse dieser geheimnis-
vollen Staatskunst ergründen?
Sehr nachdrücklich erklärte sich der Thronfolger wider das Vorhaben
des Königs. Dem klaren Blicke des Prinzen von Preußen entging nicht,
wie unbedacht man das Volk erregte und die Hoffnungen der anwachsen-
den konstitutionellen Partei aufstachelte, wenn immer nur Tropfen für
Tropfen kleine Gewährungen aus dem verborgenen Borne königlicher
Gnade herniedersickerten. Ihm lag vornehmlich an einer ruhigen, stetigen
Entwicklung. Darum, so sprach er, solle man nur erst die neuen Aus-
schüsse der einzelnen Provinziallandtage in Wirksamkeit setzen und ab-
warten, wie sie sich bewährten. Was könne eine verfrühte Berufung der
Vereinigten Ausschüsse, ohne einen erheblichen Gegenstand der Beratung,
anders bewirken als falsche Erwartungen? Besser also, man verschiebe
die Einberufung, bis man wichtige Gesetzentwürfe vorzulegen habe; dann
biete sich von selbst die rechte Gelegenheit, um die lange Reihe der stän-
dischen Versprechungen endlich abzuschließen und ganz bestimmt zu erklären:
„daß das Gebäude der ständischen Einrichtungen hiermit vollendet und eine
weitere Konzession nicht zu erwarten sei.“ Die Meinung des Prinzen
ging demnach dahin, daß die Vereinigten Ausschüsse, nachdem sie einmal
leider durch den Befehl des Königs geschaffen waren, dereinst als die
Versammlung der Reichsstände anerkannt und mit sehr bescheidenen Rechten
ausgestattet werden sollten. In ähnlichem Sinne äußerte sich der zunächst
beteiligte Minister des Innern Graf Arnim. Doch auf die Meinung
der Minister kam in diesen Jahren wenig an. Der Monarch regierte
nicht nur selbst; er verstand auch die Dinge also einzufädeln, daß seine
Ratgeber zumeist vor halbvollendeten Tatsachen standen. So stimmte
auch jetzt die große Mehrzahl der Versammelten dem königlichen Plane
zu, manche mit der bescheidenen Erklärung: der Beschluß Sr. Majestät
stehe ja fest und sei schon in weiteren Kreisen bekannt geworden. General
Boyen meinte mit dem Freimute des alten Soldaten: die Vereinigten
Ausschüsse würden immerhin die freiere Entfaltung des ständischen Lebens
fördern und ganz könne sich Preußen dem Einflusse der benachbarten
konstitutionellen Staaten nicht mehr entziehen.“)
Eine Kabinettsordre vom 19. August entbot nunmehr die Vereinigten
Ausschüsse zum 18. Okt. nach Berlin. In vieldeutigen Worten, ohne
alle juristische Schärfe ward darin ausgesprochen: die Vereinigung der
*) Protokoll der Sitzung des Staatsministeriums und der Ständischen Immediat-
kommission vom 11. Juni; Arnim an Thile, 12. Juni 1842.