Geissel. Freier Verkehr mit Rom. 297
so berief er sich auf Rehfues' historische Romane, die sich über die Greuel
des spanisch-italienischen Mönchslebens, der Wahrheit gemäß, sehr aufrichtig
aussprachen. Dies genügte, und der geistvolle Romandichter mußte fortan
auf seiner schönen Rosenburg bei Bonn in unfreiwilliger Muße leben.
So weit war die Staatsgewalt bereits eingeschüchtert: ein protestantischer
königlicher Kurator wurde entlassen, weil seine Dichtungen einem katholischen
Bischof nicht gefielen. Am Hofe lobte jedermann den milden neuen Erz-
bischof in partibus, der auch von dem Münchener Nuntius als „Friedens-
apostel“ warm empfohlen wurde.) Geissels erster Hirtenbrief aber war,
sanfter in der Form, doch ganz im Geiste des Vorgängers gehalten. Zu
gleicher Zeit wurde die einst bei Drostes Verhaftung erlassene Bekannt-
machung amtlich zurückgenommen; und nun erst, am 9. März sendete
der griesgrämige alte Erzbischof, der bis zuletzt noch „preußische Kniffe“
befürchtet hatte, nachträglich auch seinen Hirtenbrief: dem Moyses, dem
Freunde Gottes nachahmend“ hob er seine Hände betend zum Himmel
und übergab die Herde dem neuen Oberhirten.
Unterdessen hatte die Krone auch die anderen dem römischen Stuhle
gegebenen Zusagen eingelöst. Zu Neujahr 1841 gewährte sie den Bischöfen
freien Verkehr mit dem Papste und ermäßigte das Recht des Plazet
dergestalt, daß fortan lediglich die den Staat berührenden Erlasse der
kirchlichen Behörden der Anzeigepflicht unterlagen. Sie verzichtete damit
lediglich auf veraltete, unwirksame Rechte; bei der Abdankung Sedlnitzkys
hatte sie ja soeben erst mehrmals erfahren, wie leicht sich das Plazet in
diesem Zeitalter freien Weltverkehrs umgehen ließ. Den Bischöfen brachte
die neue Freiheit im Grunde nur Belästigungen; denn bisher hatte
ihnen die königliche Gesandtschaft die allezeit umständlichen vatikanischen
Geschäfte stets gut und pünktlich besorgt, jetzt mußten sie in Rom eigene
Agenten dafür halten, die sich nicht immer bewährten.“) Immerhin
blieb es eine kühne Tat hochherzigen Freisinns, daß der König freiwillig
einem Hoheitsrechte entsagte, das von den meisten anderen Landesherren,
auch den katholischen, noch festgehalten und von der vorherrschenden libe-
ralen Staatslehre als unentbehrlich angesehen wurde. Mit der Be-
teuerung ewiger Dankbarkeit und unverbrüchlicher Treue begrüßten seine
Landesbischöfe diesen „großartigen Beweis königlichen Vertrauens.“
Weit folgenreicher wurde die Errichtung der katholischen Abteilung
im Kultusministerium, am 14. Februar 1841. Dererste Vorschlag dazu
war einst von Württemberg ausgegangen und von dem alten Könige
genehmigt worden.) Der Nachfolger erweiterte den ursprünglichen Plan;
*) Nuntius Viale Prela an Brühl, 11. Febr. 1842.
**) Brühls Bericht, Rom 3. Aug. 1841
*77) Dankbriefe an Eichhorn, von den Bischöfen und Bistumsverwesern von Münster
13. Jan., Culm 13. Jan., Trier 16. Jan., Paderborn 18. Jan., Köln 20. Jan.
1841 usw. ) S. o. IV. 713.