Drostes Ausgang. 305
Es soll gleich einem Eichbaum stark
Der Mann mit Stürmen ringen.
Es soll ihm trotzig Bein und Mark
Die Willenskraft durchdringen.
Im Jahre 1845 starb er — eines jener blinden und dumpfen Werk—
zeuge, welche die Vorsehung zuweilen für ihre unerforschlichen Pläne aus-
wählt; unzweifelhaft ein historischer Charakter, denn mit seinem Namen
verflicht sich das Gedächtnis einer der erfolgreichsten Wandelungen unseres
Parteilebens. —
Noch vernehmlicher als Drostes Buch redeten die Taten der ultra-
montanen Partei in Bayern. Dort behauptete sie ein Jahrzehnt hindurch
die unbeschränkte Herrschaft, und es gelang ihr, das Beste, was dieser
Staat besaß, den kirchlichen Frieden von Grund aus zu verwüsten. „Lassen
Sie Sich — so schrieb bald nach Sedlnitzkys Abdankung ein klerikaler
Heißsporn des Breslauer Domkapitels — durch das Gerücht, in Bayern
bereite sich eine kirchliche Reaktion vor, nicht irre machen. Die Wider-
strebenden werden mit eisernen Ruten niedergehalten werden. Jetzt wo
die weltliche und die kirchliche Macht den Entscheidungskampf auch hier
in Deutschland beginnt, müssen die feindlichen Stützen brechen, und die
Geschichte lehrt uns, daß der Sieg doch am Ende Rom bleibt.“) In
der Tat war König Ludwig jetzt ganz in klerikalen Gedanken befangen.
Nichts lag ihm ferner als der bewußte Plan, die Gleichberechtigung der
Bekenntnisse zu stören, die er noch immer für ein Kleinod seines König-
reichs ansah. Doch seit den pfälzischen Unruhen und dem stürmischen
jüngsten Landtage hielt er die Rechte seiner Krone für gefährdet: „jetzt
ist's noch Zeit; wie die Felswände an dem See ragen unerschütterlich, so
stehe ich.“ Um die Krone zu retten, klammerte er sich fest an die neue
politische Heilslehre der Klerikalen; in dem Kampfe zwischen Rom und der
Revolution sah er fortan den Inhalt der Zeitgeschichte. Wenn er nach
dem Vorbilde seines Ahnherrn, des Kurfürsten Max den deutschen Katho-
lizismus mit starker Hand beschirmte, dann hoffte er nicht nur die Re-
volution zu bändigen, sondern auch das zugleich geliebte und beargwöhnte
Preußen zu überflügeln und nach dem mißlungenen griechischen Aben-
teuer dem Hause Wittelsbach doch noch eine große europäische Macht-
stellung zu gewinnen.
Solange solche Ideen den unsteten Geist des Königs beherrschten,
blieb Minister Abel für ihn der natürliche Ratgeber, ein geschäftskundiger,
rastlos tätiger Bureaukrat von durchfahrender, brutaler Strenge, hart,
*) Schreiben an den katholischen Propst von Berlin, 12. Juni 1841, von einem
Mitglied des Breslauer Domkapitels (vermutlich Ritter).
v. Treitschke, Deutsche Geschichte. V. 20