Verhandlung mit Luxemburg. 437
auch eine bescheidene landständische Verfassung, an deren Entwürfen Hassen—
pflug noch mitgearbeitet hatte*), und da die Landschaft nunmehr von dem
verkleinerten Königreiche der Niederlande weit abgetrennt lag, so beantragte
der König-Großherzog ihre Aufnahme in den Zollverein — zur Freude
einiger klugen Fabrikanten, zum Entsetzen der mächtigen belgisch-franzö—
sischen Partei, die sich noch immer mit dem wallonischen Luxemburg wieder
zu vereinigen hoffte. Preußens Finanzen und Volkswirtschaft konnten
durch den Anschluß des feindlichen Ländchens durchaus nichts gewinnen;
zumal die Gerber in den Grenzstädten Malmedy und St. Veith fühlten
sich bedroht und klagten so lange, bis ihnen ihr gütiger König eine Geld-
entschädigung zahlen ließ. Nur das deutsche Pflichtgefühl und die politische
Berechnung zwangen den Berliner Hof, sich auf die Verhandlungen ein-
zulassen; denn wies er die luxemburgischen Anträge ab, so schloß sich das
Ländchen entweder dem belgischen Zollwesen an, oder es entstand dicht
vor den Toren des Zollvereins eine gefährliche Schmugglerfreistatt. Die
Unterhandlungen zogen sich mehr als zwei Jahre hin. Die preußische
Regierung wahrte eifersüchtig die nationale Unabhängigkeit des Zollvereins,
sie wollte einem fremden Fürsten schlechterdings kein Stimmrecht im Rate
des deutschen Handelsbundes einräumen. Sie bestand darauf, daß Luxem-
burg auf den Zollkonferenzen durch Preußen vertreten würde; die Zoll-
direktion des Großherzogtums sollte dem preußischen Finanzministerium
unterstellt, auch ein Teil der Zollämter unter Mitwirkung der Zollvereins-
staaten besetzt werden, da die Deutschen den gänzlich verwilderten luxem-
burgischen Beamten nicht trauten. Auf diese Bedingungen hin ward am
8. Aug. 1841 der Anschlußvertrag abgeschlossen, und verabredetermaßen
kamen sogleich preußische Beamte nach Luxemburg, um das neue Zollwesen,
zur Verhinderung von Unterschleifen, plötzlich einzuführen.
Da erhob sich ein völlig unerwarteter Widerstand. Ganz ungleich
seinem nüchternen Vater, war der neue König der Niederlande, Wilhelm II.
ein unruhiger Kopf, phantastisch, erregbar, wetterwendisch, immer mit
hohen Plänen beschäftigt, zugänglich allen Einflüsterungen. Er hatte einst
als Prinz von Oranien in dem zehntägigen Feldzuge die belgischen Re-
bellen zu Paaren getrieben und hoffte noch immer, ihnen dereinst ihren
Raub wieder zu entreißen; darum begünstigte er die Katholiken und ver-
kehrte gern mit belgischen Unzufriedenen; von dem glorreichen achtzig-
jährigen Kriege, der doch die Größe des Hauses Oranien begründet hatte,
wollte er gar nicht reden hören. Mit seinem fast gleichalterigen könig-
lichen Vetter in Berlin war er von Kindesbeinen an innig befreundet.
Friedrich Wilhelm aber behandelte die Oranier nach der alten Überliefe-
rung wie preußische Prinzen; er sah in der Teilung der Niederlande
eine den Hohenzollern selber angetane Schmach, und noch in den wirren
") S. o. 318 f.; V. 54.