550 V. 7. Polen und Schleswigholstein.
den Krakauer Packhof, die freie Durchfuhr, die Eisenbahn — durchzusetzen,
sodann in gründlicher Verhandlung noch andere Entschädigungen für den
preußischen Verkehr auszubedingen; der endgültigen Einverleibung sollte
er keinesfalls eher zustimmen, als wenn die handelspolitische Frage zu
Preußens Befriedigung geordnet sei. Er verstand aber von volkswirt—
schaftlichen Dingen nicht das mindeste und tat auch gar nichts, um sich
zu belehren.
Zu Ende Oktobers erklärte Metternich plötzlich, nachdem er dem drän—
genden russischen Gesandten so lange widerstanden hatte: jetzt sei der rechte
Augenblick für die Einverleibung gekommen. Die Zeit war gut gewählt,
denn die Westmächte hatten sich eben in diesen Tagen wegen der spanischen
Thronfolgefrage dermaßen entzweit, daß ein gemeinsamer tatkräftiger
Widerspruch von ihnen nicht zu erwarten stand; überdies meldete der kom—
mandierende k. k. General aus Krakau in einem kläglichen Berichte, der na—
türlich bestellte Arbeit war: die Ordnung lasse sich schlechterdings nicht mehr
aufrecht halten, die förmliche Einverleibung nicht länger mehr hinausschieben.
Je ängstlicher der Wiener Hof bisher gezögert hatte, um so rascher schritt
er nunmehr ans Werk: er hoffte, durch die vollendete Tatsache zugleich die
Westmächte zu überraschen und das arglose Preußen zu betrügen. Was war
die Geschichte des Zollvereins anders als eine Kette österreichischer Nieder—
lagen? Jetzt galt es, Rache zu nehmen für so viele Schmach und dem
preußischen Nebenbuhler gerade auf dem handelspolitischen Gebiete, wo er
bisher immer siegreich gewesen, eine empfindliche Beschämung zu bereiten.
Durch diese fröhliche Hoffnung fühlte sich Metternich wie verjüngt;
mit ungewohnter Entschlossenheit bereitete er Schlag auf Schlag die Ent-
scheidung vor. In den ersten Novembertagen berief er Arnim und Medem
zur Konferenz. Am 6. Nov. gab er dem Preußen die schriftliche Zusicherung,
daß Osterreich die drei Punkte jener Denkschrift annehme. ) Über alles
Weitere — so sagte er gemütlich, und der Russe stimmte zu — könnten
Osterreich und Preußen sich ja späterhin noch verständigen. Arnim ließ
sich durch dies sanfte Gerede gewinnen, obgleich er soeben noch aus Berlin
die erneute Weisung erhalten hatte, er solle die Einverleibung ablehnen,
solange nicht die Zusagen des April-Protokolls erfüllt und die Handels-
fragen geordnet wären.') Noch am selben Tage unterzeichneten die drei
Bevollmächtigten ein Protokoll, das nochmals aussprach, die Schutzmächte
befänden sich in „der Notwendigkeit, eine Schöpfung nicht wieder ins Leben
zu rufen und nicht wieder herzustellen, welche, nachdem sie die Langmut
ihrer Begründer erschöpft, sich selber aufgelöst hat.“ Daraufhin wurde
der Vertrag vom 3. Mai 1815, der die Republik begründet hatte, zurück-
genommen und förmlich verfügt, daß ihr Gebiet, wie vor dem Jahre 1809,
*) Metternich an Arnim, 6. Nov. 1846.
**) Canitz, Weisung an Arnim, 31. Okt. 1846.