Streit um die Krakauer Maut 553
auf irgend eine sachliche Erörterung einzulassen, immer beteuerte: „Oster-—
reich und Preußen gespannt, das heißt die Welt aus ihren Fugen treiben“
— nachher den Dr. Hock, einen tüchtigen Nationalökonomen, der aber im
Staatsdienste noch eine so untergeordnete Stellung einnahm, daß er wich—
tige Geschäfte unmöglich abschließen konnte. Kamptz merkte bald: man
wollte ihn nur hinhalten. Er fragte bitter: „ob es Preußens Aufgabe ist,
sich mit den Ansichten an der Donau und Newa, selbst auf Kosten des
inneren häuslichen Friedens und des Vertrauens der übrigen deutschen
Staaten, unter allen Umständen konform zu halten .. Wahrlich, wir
haben noch viel zu tun, wenn wir das wieder werden wollen, was wir
gewesen sind.“ Nach fast zwei Monaten, zu Ende Januar 1847, reiste
Kamptz unverrichteter Dinge heim; er fürchtete geradezu, bei längerem
Verweilen ausgewiesen zu werden.) Im Auswärtigen Amte wurde noch-
mals erwogen, ob man nicht Arnim abberufen, den diplomatischen Verkehr
mit dem Wiener Hofe abbrechen solle; ) aber was konnte das alles noch
fruchten, nachdem das Wiener Protokoll unterzeichnet, die Einverleibung
Krakaus vollzogen war?
Nach einigen Wochen peinlicher Spannung fand Metternich das rechte
Mittel, um die erzürnten Preußen zu beschwichtigen. Seit langem schon
plagte ihn der Berliner Hof mit Plänen für deutsche Bundesreform, für
deutsches Post-, Maß= und Münzwesen — lauter Gedanken, die der
Staatskanzler als Utopien des „Nationalismus“ still belächelte, aber auch
nicht geradehin ablehnen wollte. Nun schickte er im März 1847 seinen ver-
trauten Hofrat v. Werner nach Berlin, um eine ganz allgemein gehaltene
Denkschrift über eine mögliche deutsch-österreichische Handelseinigung vor-
zulegen. Das Auswärtige Amt war angenehm überrascht. Selbst Kamptz
der tiefgekränkte riet: jetzt müsse man zuerst diese wichtige nationale
Frage erledigen; gelinge das, dann falle die Krakauer Sache von selbst
hinweg. Canitz aber schrieb glückselig an Werner: „senden Sie uns bald
einen Mann hierher, mit dem wir über die Verkehrsverhältnisse im all-
gemeinen verhandeln können, so soll er von Krakau gar nichts zu hören
bekommen.““ ) Die große Handelseinigung ging, wie Metternich voraus-
gesehen, den Weg aller Bundesreformen, sie löste sich bald in Rauch auf;
aber der Krakauer Streit war begraben.
Der Wiener Hof hielt sein Mautwesen, das einer Grenzsperre nahe
kam, aufrecht, er erfüllte sogar die drei bescheidenen der preußischen Re-
gierung gewährten Bedingungen unredlich: da fortan alle für Osterreich
bestimmten Waren sofort an der Grenze verzollt wurden, so verlor das
*) Kamptz, Promemoria für Münch, 26. Dez. 1846; Berichte an Canitz, 10. 25. Jan.
1847.
**) Geh. Rat v. Patow, Berichte an Canitz, 13. 25. Jan. 1847.
**) Metternich, Weisung an Werner, 29. März; Kamptzs Denkschrift, 3. April; Canitz
an Werner, 8. April 1847.