Full text: Deutsche Geschichte im 19. Jahrhundert. Fünfter Teil. Bis zur März-Revolution. (28)

584 V. 7. Polen und Schleswigholstein. 
den König zuweilen zu sarkastischen Randbemerkungen veranlaßte, höchst 
gewissenhaft, was der Hof während des größten Teiles des Sommers, 
pendant la pluralité de l’éé, alles vorzunehmen gedenke.*) Als die 
schleswigholsteinischen Wirren begannen, zeigte er sich ungehalten über 
die Unbotmäßigkeit der Deutschen; von der unersättlichen Begehrlichkeit, 
der List, der berechneten Zurückhaltung des augustenburgischen „Präten- 
denten“ sprach er ganz so entrüstet wie seine dänischen Freunde; "7) und 
wenngleich er zuweilen auch die Gehässigkeit der Dänen bitter beklagte, so 
hatte er doch von dem Sinne des nationalen Kampfes gar keine Ahnung. 
Diese lächerlichen Gesandtschaftsberichte konnten das Urteil König 
Friedrich Wilhelms nicht beirren. Er bedauerte zwar den Haß zwischen 
Deutschen und Dänen, wie Canitz sagte, als „eine der ärgsten Tollheiten 
unseres erleuchteten Jahrhunderts“; ***) er wünschte von ganzem Herzen 
die Fortdauer des dänischen Gesamtstaates und wollte auch seinen könig- 
lichen Freund, der ihn soeben, bei einem Besuche in Kopenhagen, mit 
Zärtlichkeit überschüttet hatte, durchaus nicht kränken. Aber das Recht 
blieb ihm heilig. Schon im Jahre 1845 ließ er sich von den Juristen 
Eichhorn und Lancizolle ein Gutachten über die Erbfolgefrage erstatten, 
und obwohl diese Denkschrift sehr unsicher lautete, so überzeugte er sich 
doch nach und nach selber von dem besseren Rechte der Augustenburger. 
Wie Metternich hoffte er den Streit durch einen Verzicht der hessischen 
Linie und durch die Thronfolge der Agnaten im Gesamtstaate friedlich 
beizulegen: dann konnten die befreundeten Dänen unter Augustenburgi- 
schen Königen bis an das Ende aller Dinge in Kiel und Altona hausen. 
Freilich war die Übereinstimmung nicht vollständig, denn der Wiener 
Hof betrachtete die Integrität Dänemarks als das Wesentliche, der Ber- 
liner das deutsche Recht der Herzogtümer und der Agnaten. Im Not- 
falle — das deutete schon jenes Rechtsgutachten an — wollte Preußen 
selbst ein souveränes Schleswigholstein unter deutschem Fürstenhause an- 
erkennen. Die dänischen, nicht die holsteinischen Landstände, so meinte 
Canitz, haben den Streit angefangen. Die Dänen sind die Revolutionäre 
und zudem erfüllt von absurdem Hasse gegen Deutschland. Sie miß- 
brauchen unehrlich den Gedanken der Nationalität, um den politischen 
Frieden von oben her zu stören, wie die Polen von unten her. Wir wün- 
schen die Integrität der dänischen Monarchie, aber ohne Schädigung 
deutscher Rechte.# 
Zunächst hatte der Bundestag auf die holsteinischen Beschwerden zu 
antworten. Metternich behauptete zwar anfangs, diese Sache gehe den 
Bund gar nichts an, jedoch auf Canitzs lebhaftes Andrängen gab er nach 
*) Schoultz v. Ascheradens Bericht, 10. April 1847. 
**) Schoultz v. Ascheradens Bericht, 11. Dez. 1846. 
*) Canitz an Rochow, 9. Nov. 1845. 
#) Canitz an Rochow, 2. 21. Okt. 1847. 
 
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.