Memorandum des Ministeriums Abel. 653
raten; an dies unmaßgebliche Gutachten war der König jedoch nicht ge-
bunden, und der Hausminister Graf Bray, dessen Unterschrift erfordert
wurde, hatte gerade einen langen Urlaub angetreten. Da traten die anderen
vier Minister, Abel, Seinsheim, Gumppenberg, Schrenck, die an der
Sache amtlich gar nicht beteiligt waren, zur Beratung zusammen, und Abel
erkannte mit dem Scharfblick des erfahrenen Parteimannes, jetzt sei für
ihn die rechte Stunde gekommen, um mit feierlicher Salbung, mit dem
ganzen Schmerze tief gekränkter Tugend den längst gebotenen Abschied zu
fordern.
Statt dem Könige, wie ihr gutes Recht war, bescheiden vorzustellen,
eine solche Standeserhöhung sei ein Argernis und müsse auch den Ruf
der nicht unmittelbar beteiligten Minister schädigen, überreichten sie ihm
am 11. Febr. 1847 ein langes, von Abel verfaßtes Memorandum, das
in der Geschichte deutscher Monarchien ohne Beispiel dastand. Unter
einem Schwall untertänigster Ergebenheitsversicherungen tadelten sie sein
Verhältnis zu Lola mit einer Roheit, die der sechzigjährige Monarch von
seinen Dienern nicht hinnehmen durfte. Sie behaupteten: „das National-
gefühl ist auf das tiefste verletzt, weil Bayern sich von einer Fremden,
deren Ruf in der öffentlichen Meinung gebrandmarkt ist, regiert glaubt“
— und doch hatte Lola bisher ihren Übermut wohl an einzelnen Po-
lizeibeamten ausgelassen, aber auf den Gang der großen Staatsgeschäfte
noch nirgends eingewirkt. Sie versicherten mit ungeheuerlicher Übertrei-
bung: „Eine gleiche Stimmung besteht in Berchtesgaden und Passau, in
Aschaffenburg und Zweibrücken, ja sie ist über ganz Europa verbreitet, ja
sie ist ganz die gleiche in der Hütte des Armen wie in dem Palaste des
Reichen. Es ist nicht bloß der Ruhm und das Glück der Regierung Ew.
K. Majestät, es ist die Sache des Königtums, die auf dem Spiele steht.“
Sie wagten ihrem Könige sogar die offenbare Unwahrheit zu sagen: „auf
die Länge würde auch die bewaffnete Macht“ dem allgemeinen Unwillen
nicht widerstehen, „und wo soll noch eine Hilfe gefunden werden, wenn
auch dieses ungeheure Übel einträte, wenn auch dieses Bollwerk schwankte.“
Allerdings herrschte in den Münchener Kasernen, dank der erbärmlichen
Verwaltung des mitunterzeichneten Kriegsministers Gumppenberg, zur
Zeit greuliche Unordnung; doch wer sollte glauben, daß diese lebens-
lustigen, königstreuen bayrischen Soldaten ihrem noch immer geliebten
„Ludwigel“ wegen einer anstößigen Liebesgeschichte den Fahneneid brechen
könnten — wenn sie nicht etwa durch die Priester künstlich aufgewiegelt
wurden? Dann drohten die Minister dem Monarchen auch noch mit den
„unberechenbaren Folgen“ der Verhandlungen des „unter solchen Ein-
drücken“ einzuberufenden nächsten Landtags, der in Wahrheit ziemlich
still verlaufen sollte. Zum Schluß baten sie den König, falls er „ihr
heißes Flehen nicht erhören“ wolle. um ihre Entlassung.
Einige der Unterzeichner mochten vielleicht die Wirkung ihrer Worte