Full text: Deutsche Geschichte im 19. Jahrhundert. Fünfter Teil. Bis zur März-Revolution. (28)

Reformversuche am Bundestage. 697 
den preußischen Antrag von Monat zu Monat hinaus, und als sie im 
September endlich doch stattfand, da beantragte er, wie üblich, die Ein- 
holung von Instruktionen.*) Darüber mußten wieder viele Monate ver- 
gehen, und die vereinzelten Abstimmungen, welche nach und nach einliefen, 
bewiesen genugsam, daß man sich nicht einigen konnte. Bayern erklärte 
(Jan. 1848), ein Bundesgesetz scheine überflüssig, für Bayerns Presse 
genüge die freie bayrische Verfassung vollkommen. Also ward auch dies 
vaterländische Unternehmen in den großen Schiffbruch des Bundes hin- 
eingerissen. 
Nicht minder vergeblich arbeiteten Württemberg und Preußen selb- 
ander für eine andere nötige Verbesserung. König Wilhelm hatte während 
der Teuerung des letzten Winters erfahren, wie beklommen sich die stolze 
Hofburg vor der Offentlichkeit fühlte. Damals war dem nach Württem- 
berg bestimmten österreichischen Getreide der Ausgang auf der Donau 
plötzlich gesperrt, aber nach langem Streite augenblicklich frei gegeben 
worden, sobald Württemberg drohte den Hergang zu veröffentlichen. Auf 
Grund dieser Erfahrung entschloß sich der kluge Schwabenkönig, in Frank- 
furt (26. März 1847) die Veröffentlichung der wichtigsten Bundespro- 
tokolle zu beantragen. Wieder suchte Münch die Beratung hinzuhalten; 
Dönhoff aber erstattete im September einen Ausschußbericht, der noch 
über Württembergs bescheidenen Antrag hinausging. Der Preuße er- 
wähnte, daß selbst der Regensburger Reichstag seine Sitzungsberichte 
stets herausgegeben hatte, und verlangte kurzweg Rückkehr zu der alten 
Ordnung, wie sie vor dem Jahre 1824 bestanden: also die Offentlichkeit 
als Regel, mit Vorbehalt einzelner Ausnahmen. Der gesamte Ausschuß 
stimmte ihm zu — so mächtig drang der Luftzug der öffentlichen Mei- 
nung schon in den Bundestag ein. Nur Österreich widersprach. Münch ge- 
hörte dem Ausschuß selber an, hatte aber keiner einzigen Sitzung beige- 
wohnt. Jetzt erklärte er im Namen seines Hofes: die Geheimhaltung sei 
entschieden vorzuziehen, allerhöchstens könne man zugeben, daß die Pro- 
tokolle nach sorgfältiger Auswahl am Ende jeder Sitzungsperiode veröffent- 
licht würden, aber nicht in den Zeitungen, sondern in einer besonderen 
Sammlung. Nun wurde wieder die Einholung von Instruktionen be- 
schlossen, und der Antrag blieb liegen — bis zum Zusammenbruch. Die 
Könige von Preußen und Württemberg aber erfuhren handgreiflich den 
Unsegen des Bundesgeheimnisses; über alle ihre ehrlichen Reformbestre- 
bungen verlauteten in der Nation nur unbestimmte Gerüchte.) 
Auch außerhalb des Bundestags bemühte sich der Berliner Hof um ge- 
samtdeutsche Reformen. Auf seinen Betrieb versammelte sich zu Dresden 
im Spätjahr 1847 eine deutsche Postkonferenz, die aber wenig zu stande 
  
*) Dönhoffs Berichte, 23. Juli, 9. Sept. 1847. 
**) Dönhoffs Bericht, 13. Sept. 1847.
	        
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