Full text: Deutsche Geschichte im 19. Jahrhundert. Fünfter Teil. Bis zur März-Revolution. (28)

XXVI. Zur Geschichte der Burschenschaft. 
Zu Bd. II. 535 ff. 
Aus den Akten des großh. sächs. Geh. Staatsarchivs in Weimar, die ich für die 
vierte Auflage des 2. Bds. benutzen durfte, berichte ich hier noch einige Einzelheiten zur 
Geschichte des Jahres 1819. 
Da die Höfe sich schon seit Stourdzas Schrift und dem Aachener Kongreß sehr 
besorgt wegen der Universitäten zeigten, so benutzte Großherzog Karl August, um sein 
geliebtes Jena vor Argerem zu bewahren, einen von Hannover beim Bundestage an- 
geregten Gedanken und ließ am 11. März 1819, noch vor Kotzebues Ermordung, durch 
seinen Bundesgesandten v. Hendrich den Antrag stellen: der Bund möge Vorschriften 
über die Disziplin der Universitäten erlassen, aber ohne Beeinträchtigung der uralten 
akademischen Freiheit Deutschlands. Im Mai sendete er sodann noch den Geh. Rat 
Conta nach Frankfurt, um diesen Antrag nachdrücklich zu befürworten. Nach Sands 
Tat ließ er durch den Staatsminister Graf Edling dem Bundesgesandten schreiben: „Alle 
Vorfälle, die seit einigen Jahren den unter den Studierenden zu Jena herrschenden Geist 
im Auslande verdächtig gemacht haben, sind durch Ausländer bewirkt worden.“ Sand 
sei mur ein neuer Beleg dafür. (Edling an Hendrich, 28. März 1819.) Demgemäß er- 
ließen der Großherzog und Herzog August von Gotha am 30. März ein Reskript an die 
Universität, worin sie aussprachen, in den Jahren 1816 und 17 hätte die Jugend das 
Vertrauen der Nutritoren nicht getäuscht. Aber seitdem nehme der Geist der Stu- 
dierenden „zu Unserem großen Mißfallen hier und da eine verderbliche Richtung.“ Diese 
Gesinnung „drohe sich täglich mehr auszubreiten. Von ausländischen Universitäten und 
fremden Schulen komme viel dieses Giftes nach Jena“; darum sollten bis auf Weiteres 
Ausländer nur mit besonderer Erlaubnis ihrer Regierung zugelassen werden. 
„Da die bei der Akademie hierauf angestellte Untersuchung unter der Leitung des 
Senats Schwierigkeiten zu unterliegen scheint“, so ernannte der Großherzog am 29. März 
eine besondere Kommission zur Nachforschung nach Sands möglichen Mitschuldigen. Sie 
bestand aus dem Kammerherrn v. Könneritz und dem Regierungsassessor Emminghaus. 
Beide Beamte verfuhren als gebildete, der akademischen Bräuche kundige Männer, ge- 
wissenhaft und wohlwollend, aber auch sehr gemütlich nach der behaglichen thüringischen 
Weise;z es ließ sich nicht verkennen, daß die Regierung die großsprecherischen jungen Leute 
nach Möglichkeit schonen wollte, und mancher von ihnen mag wohl auf einen leisen Wink 
rechtzeitig abgereist sein. Von vornherein wurde die Untersuchung verdorben durch die 
Zersplitterung der deutschen Rechtspflege; denn zur selben Zeit war auch in Mannheim 
eine Kommission zusammengetreten, um den Mörder selbst sowie dessen vermutliche 
Mitwisser zu verhören. Beide Kommissionen handelten ganz selbständig, sie verkehrten 
miteinander nur durch einen umständlichen Briefwechsel, und die Weimarische Kom- 
mission beschwerte sich (12. Mai), daß sie die badischen Protokolle nicht erhielte, während 
sie selbst ihre Protokolle nach Mannheim sendete. 
Der Verdacht richtete sich zunächst gegen Sands besten Freund, den stud. theol. 
Gottlieb Asmis aus Mecklenburg. Der war schon am 27. März, sobald die Schreckens-
	        
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