750 XXVI. Zur Geschichte der Burschenschaft.
Grundsätze vom 18. Oktober.
Die Gelegenheit ist flüchtig, das Leben voll Schwierigkeit; der Geist verduftet; darum
lasset in guter Stunde gute Entschlüsse gefaßt und als gemeinschaftliche Beschlüsse
bekannt gemacht werden.
Wir an der Wartburg versammelten Jünglinge aus vielfachen Gegenden Deutsch-
lands (hier werden die hauptsächlichsten Flüsse und Berge benannt, aber keine politischen
Bezeichnungen) haben wohl überlegt, sind überzeugt, stimmen überein und haben be-
schlossen, wie folgt:
1. Ein Deutschland ist; soll sein und bleiben. Wir können nicht glauben, daß
Deutschland aus 38 Inseln bestehe. Wir Deutsche sind Brüder, wir wollen Freunde sein.
Wenn auf dem Schlachtfelde Deutsche gegen Deutsche kämpfen, so ist's Bruder-
mord. Wer deutsche Krieger gegen deutsche Krieger führt, der ist des Brudermords
schuldig.
Wir versprechen uns gegenseitig, daß wir uns nie mit den Waffen im Felde gegen-
überstehen wollen; wir versprechen, daß wir nie gegen unsere deutschen Brüder im Felde
fechten wollen; und machen uns anheischig, allenthalben, soweit wir vermögen, die Lehre
zu verbreiten und zu verstärken, daß Kampf deutscher Krieger gegen deutsche Krieger fluch-
würdiger Brudermord sei.
2. Wir vergessen der für deutsche Freiheit gefallenen Kämpfer nicht. Wir sind
überzeugt, daß, wenn je in Deutschland die Dankbarkeit gegen diejenigen, durch welche
Gott uns errettete vom Joch des fremden Tyrannen, erlöschen würde, die Deutschen
wiederum reif sein würden, in fremde Knechtschaft zu sinken. Die Pflicht, den 18. Ok-
tober zu feiern, ist Pflicht jedes ehrlichen und frommen deutschen Mannes, jedes ehrlichen
und frommen deutschen Fürsten.
3. Die Lehre von der Spaltung Deutschlands in Norddeutschland und Süddeutsch-
land ist irrig und falsch, ist Lehre aus dem Munde eines bösen Feindes. Wir versprechen
uns gegenseitig, diese Lehre zu bekämpfen, und das unsrige zu tun, um diese falsche Lehre
und alles, was künstlicherweise die Teilung Deutschlands noch mehr befördern könnte,
zu bekämpfen und zu unterdrücken.
4. Wir, des heiligen ungeschriebenen und des geschriebenen deutschen Bundes,
welchen die hohen Fürsten und die freien Städte Deutschlands abgeschlossen haben, teil-
haftige Jünglinge bekennen, von der Wahrheit dieses Satzes und dieser Schlußfolge
überzeugt zu sein: Wird ein Teil des deutschen Landes angegriffen, von West oder Ost,
von Süd oder Nord, so wird Deutschland angegriffen, so müßte der Krieg ein Krieg aller
Deutschen sein. Wir sehen ein, daß, wenn Oder und Rhein nicht sicher sind, keine Sicher-
heit um Elbe und Donau sein kann.
5. Soviel uns Gelegenheit gegeben wird, wollen wir, jeder in seinem Kreise, dahin
wirken, daß Landwehr und Landsturm in Ehren gehalten, ihrer Pflicht immer lebhafter
bewußt und in den Waffenübungen tüchtig werden.
6. Wir wollen, soviel an uns liegt, ehren die Könige und Fürsten und Oberhäupter
der monarchischen Staaten, als dem Ehre gebührt, als welche das Beste ihres Landes
wollen und nichts anderes wollen können, als von welchen kein Unrecht kommen kann.
Wir bekennen uns zu der Lehre, daß, wenn nichts destoweniger Unrecht im Namen des
Jürsten geschieht, die Schuld davon auf die obersten Beamten fällt, welchen Haft und
Strafe, dem Unrecht angemessen, gebührt.
7. Dem gerechten, dem edlen Großherzog von Weimar bringen wir unsere Hul-
digung dar. Möge das Lob der Jugend, welche noch nicht verlernt hat, das Gute und
Schöne zu lieben, das Hassenswerte zu hassen, ihm eine Vorbedeutung sein für das Lob,
welches die aller Furcht vor den jetzt lebenden Feinden des Guten entbundene Nachwelt
ihm geben wird. Er zuerst hat aus tiefer Erkenntnis und Wertschätzung des deutschen
Volkes, ohne Zwang, ohne Widerwillen, ohne unedle Rücksichten und ngstlichkeiten das
in Wien, zur Zeit der Gefahr, gegebene Wort der deutschen Fürsten gelöst, und in seinem