Full text: Die Geschichte Württembergs.

96 III. Württemberg als Herzogthum. 
Christoph, wie der Kurfürst Moriz von Sachsen und mehrere Reichstädte Ab- 
geordnete zu dem Koncil nach Trient (1545.— 1563) geschickt; an ihrer 
Spitze stand Brenz, „der Reformator Württembergs“, von Herzog 
Christoph zum Probstder Stiftskirche zu Stuttgart und zum Generalsuperintendenten 
ernannt, in welcher Stellung er das ganze Kirchenwesen unter sich hatte. Da aber 
der Papst Angeklagter, Partel und Richter war und darum von dieser Seite 
und dieser Kirchenversammlung keine Verbesserung zu erwarten war, so rief der 
Herzog seine Gesandten wieder heim, und König Ferdinand mußte selber Moriz 
gegenüber zugeben, daß ein Koncil, wie das tridentinische, die Protestanten nie be- 
friedigen werde. Im Passauer Vertrag (1552) und im Augsburger 
Religionsfrieden (1555) wurde den Protestanten Augsburger 
Konfession vollkommen religiöse Gewissensfreiheit und volle 
bürgerliche Rechtsgleichheit mit den Katholiken eingeräumt, 
jedoch mit dem „geistlichen Vorbehalte“, nach welchem ein katholischer 
geistlicher Fürst, wenn er zum Protestantismus übertrete, nicht angegriffen, aber 
durch seinen Uebertritt unmittelbar sein Amt, Gut und Recht verlieren solle, 
dessen Beibehaltung nur den weltlichen Fürsten zugestanden wurde. Christoph, 
der das gewichtigste Wort redete, protestirte zwar mit allen protestantischen 
Fürsten gegen den geistlichen Vorbehalt, konnte aber nichts daran ändern. Erst 
der westfälische Frleden sollte darüber entscheiden. 
Glelch nach dem Passauer Vertrag hatte Christoph jedem Beamten des 
Landes ein Exemplar der von Brenz verfaßten württembergischen Konfession ge- 
schickt und den Befehl ertheilt, daß die päpstliche Messe überall aufgehoben sei. 
Brenz arbeitete an Erhard Schnepfs angefangenem Werke fort; die von Christoph 
erlassenen Ordnungen (Kastenordnung 1552, Visitatlions-, Kirchen- 
und Ehe ordn ung 1553, Klosterordnung 1556) wurden im Wesentlichen 
beibehalten und darauf fortgebaut. Die Visitation, als ständiges Kollegium ein- 
gerichtet, bestand aus dem Konsistorium und „dem Klrchen rath. Dieser 
hatte das Kirchengut zu verwalten; jenes bestand „aus etllichen fürst- 
lichen Räthen von wegen des Herzogs und aus fünf Theologen im Namen 
der gemeinen Kirche", und hatte die inneren Angelegenheiten der Kirche, die 
Aufsicht und die täglichen Geschäfte zu führen. Dem Konsistorlum stand der Land- 
probst, dem Kirchenrath der Direktor vor. Der Visfitation war der Synodus 
beigegeben, der aus 4 Generalsuperintendenten bestand und für die jährliche Ueber- 
sicht und Abhilfe aller Fehler bestimmt war. (Im Allgemeinen besteht diese Ein- 
richtung bis heute; nur sind Konsistorium und Kirchenrath vereinigt.) Neben 
diesen kirchlichen Behörden bestand noch die Landes-Inspektlon, die aus 
gelstlichen und weltlichen Beamten zusammengesetzt war. Unvermuthet wurden 
diese im Land herumgesandt, um die Amtsführung der Geistlichen und Amtleute 
zu prüfen. Die Superintendenten hatten alle Vergehen gegen äußere Ordnung 
und Sittlichkeit verstoßen, den weltlichen Behörden anzuzeigen, denn die polizeiliche 
Zucht sollte die kirchliche unterstützen. Gegen offenbare und beharrliche Sünder 
wurde der Ausschluß vom h. Abendmahl und anderen Rechten christlicher Gemeinde- 
glieder verfügt. Ebenso entschleden trat der Herzog gegen die Religlonsparteien 
auf, deren Lehre der württembergischen Konfession zuwiderlief. Als Sektirer er- 
schienen die Wiedertäufer, welche die Rechtmäßlgkeit der Kindertaufe bestritten, 
und die Schwenkfelder, die sich bei Ulm und im Remsthal umtrieben, der
	        
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