Full text: Die Geschichte Württembergs.

238 IV. Württemberg als Königreich. 
bey-Nouilly (14. August), Mars la Tour (16. August) und Gravelotte 
(18. August). Die Franzosen kämpften tapfer und mit Verzweiflung; die 
Deutschen standen felsenfest und ließen den Feind nicht durchbrechen. Bazaine 
wurde auf Metz zurückgeworfen. Das Schicksal Frankreichs war mit diesen drei 
Schlachten entschieden; seine Hauptmacht war gebrochen, seine schönste Armee 
eingeschlossen und kampfunfähig. „Mtt dem 18. August schließt in diesem Kampfe 
der Abschnitt der kriegerischen Poesie, der der Prosa beginnt mit seinen langen 
Tagen und Nächten voll resignirten Ausharrens und ruheloser Wachsamkeit.“" 
Vor Metz wurde eine vierte deutsche Armee gebildet und unter das 
Kommando des Kronprinzen Albert von Sachsen gestellt. Von Paris 
aus wurde Mac Mahon befohlen, gegen Sedan zu ziehen und von dort aus Metz, 
das von Friedrich Karl eingeschlossen war, zu entsetzen. Darum änderte Moltke 
sogleich den Plan; die IV. Armee zog gegen Sedan, und die III. Armee unter 
dem Kronprinzen mußte ihren Marsch nach Paris unterbrechen und sich nach 
Norden wenden. Bei Sedan sollte die neugebildete französische Armee einge- 
schlossen werden. Am 30. August wurde das Korps des General de Failly 
bei Beaumont von den Bayern unter General von der Tann geschlagen, 
und in der Entscheidungsschlacht von Sedan (1. September) erlebte die 
Welt das unglaubliche, in der Kriegsgeschichte einzig dastehende Schauspiel, daß 
außer den 25,000, die während der Schlacht gefangen genommen wurden, ein 
Heer von 83,000 Mann, darunter ein Marschall (Mac Mahon), 40 Generale, 
230 Stabsoffiziere, 2600 Offizlere und Militärbeamte, sich dem Sieger ergab und 
nebst dem gefangenen Kaiser nach Deutschland in die Kriegsgefangenschaft wanderte. 
Mit rühmenswerther Ausdauer hatten auch die Württemberger bei Ville fur Lumes 
und St. Laurent im Feuer gestanden. — Die Schlacht von Jena, die 
Thränen der Königin Lulse, alles, was napoleonischerUebermuth 
unsrem deutschen Vaterlande zugefügt hatte, war gerächt! 
In Deutschland, wo dieser großartige Sieg aller Herzen vor Freude und 
Dank gegen Gott zittern machte, hielt man mit der Gefangennahme des Kaisers 
und der letzten Armee den Krieg beendet. Aber in Paris war die Regierung 
gestürzt worden; die napoleonische Dynastie wurde abgesetzt; Eugenie mußte mit 
allen Anhängern der seitherigen Regierung fliehen und entkam mit Noth nach 
England. Am 4. September wurde „die Regierung der nationalen Ver- 
theidigung“ eingesetzt und die Republik proklamirt. Jules Favre 
übernahm das Aeußere, Gambetta das Innere. Am klügsten hätten beide 
Männer gehandelt, wenn sie jetzt den Frieden, wie er von den Stegern angeboten 
war, angenommen hätten. Aber von der Abtretung Elsaß-Lothringens wollten 
sie nichts wissen. Jules Favre hielt das republikanische Frankreich für unüber- 
windlich und hoffte von ihm denselben Siegeslauf, wie von der Republik im Jahr 
1792. „Will der König von Preußen“, erklärte er, einen gottlosen Kampf 
fortsetzen, will er der Welt des 19. Jahrhunderts das grausame Schauspiel 
zweier Nationen geben, welche sich unter einander vernichten und uneingedenk 
der Humanität, der Vernunft, der Wissenschaft, Rulnen und Leichen auf einander 
thürmen, so mag er die Verantwortlichkeit vor der Menschheit und vor der Ge- 
schichte tragen; will er uns eine Herausforderung hinwerfen, so nehmen wir sie 
an“. „Was Jules Favre im Glauben an die Macht der republikantschen Ideen
	        
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