58 II. Württemberg als Grasschaft.
Kurfürsten, Fürsten und Ständen des Reichs zum Herzog von Württem-
berg und Teck ausgerufen und mit einem neuen Wappen beehrt. Zwei Tage
später erhielt er die Fahne von Württemberg, Teck und Mömpelgard und dle
Reichssturmfahne 1).
Die Erhebung Eberhards zum Herzog bildete gewissermaßen den Schluß-
stein seines thatenreichen Lebens. Er hatte sich eine große Aufgabe gestellt; er
hat dieselbe auch erfüllt, wie wenige Fürsten. Allsein Streben und Han-
deln, sein Thun und Lassen zielte unverrückt darauf hin, daßer
durch treue Erfüllung seiner Fürstenpflicht, durch weise Gesetze
und thätiges Eingreifen in die Geschäfte des Landes Wohl
baue, fördere und mehre, und indem er nicht verschmähte,
seine schützende und lenkende Hand an das Besondere und Ein-
zelne zu legen, worin er den ausgezelchnetsten Regenten aller
Zeiten gleich geworden, denen das Große und Herrliche nur da-
durch gelungen ist, daß sie nichts für gering gehalten haben“.
Eberhard steht auf der Grenzmarke des Mittelalters und einer neuen Zeit und
ist für Württemberg nicht nur einer seiner tüchtigsten Regenten, sondern auch der
zweite Gründer der württembergischen Macht. Mit Klugheit, Beharrlichkeit,
mit Umsicht und Ausdauer griff er in alle staatlichen und kirchlichen Verhältnisse
ein. Seinem Scharbfblick blieb nichts verborgen. Den Schaden, an dem Würt-
temberg durch seine Theilung litt, hatte er sogleich erkannt, und darum suchte
er ihn auch möglichst bald durch feste und dauernde Vereinigung beider Länder
zu heilen. Während die vorigen Grafen hauptsächlich auf die Ver-
größerung des Besitzthums durch Ländererwerb bedacht waren,
sah Eberhard den innern Ausbau des Hauses als seine Auf-
gabe an. Diese Aufgabe löste er auf dreifachem Wege: 1) durch
Hebung der Wissenschaften (Gründung einer Universität), 2) durch seine
Anordnungen in Kirchen= und Unterrichtsangelegenhelten und
3) durch den Anfang einer landständischen Verfassung (Bei-
ziehung der Ritter, Prälaten und Abgeordneten der Aemter und Städte zur Be-
rathung wichtiger Angelegenheiten) und die Begründung unserer heu-
tigen staatlichen Ordnungen. Mit ebenso viel Geschick und Klugheit
griff Eberhard aber auch in die deutschen Angelegenheiten durch Gründung des
Schwäbischen Bundes und durch seine Beihilfe zum Zustandekommen des ewi-
gen Landfriedens ein. Darum „Ehre, dem die Ehre gebührt"“ (Röm.
13, 7.) Jeder echte Württemberger gedenke seines Herzogs Eberhard mit Freude
und Stolz, aber auch mit Dank gegen Gott, der seinen Vorfahren solch' großen
und edlen Fürsten geschenkt hat!
1) Als auf diesem Reichstag bei einem Gastmahl die versammelten Fürsten die
Vorzüge ihrer Länder rühmten — der Sachse seine Silberwerke, der Pfälzer seine frucht-
baren Obst= und Weingelände, der Bayer seine reichen Städte, — hörte Eberhard still-
schweigend zu. „Nun, Württemberg“, hob der Herzog von Sachsen an, „was Herrlich-
keit habt Ihr von Eurem Lande zu rühmen?“ Da antwortete er: „Ich kann mein
Land nicht groß herfürziehen; denn ich habe ein geringer Land, als
Euer Liebden alle; aber Eines gleichwohl, dünkt mich, mag ich rühmen:
ich kann und darf in dem Schoß eines jeglichen meiner Unterthanen
mitten im Feld oder Wald gar allein kühnlich und sicher schlafen.“ Die
Fürsten gestanden ihm zu, daß er die besten Schätze besitze.