Full text: Friedrich der Vorläufige, die Zietz und die Anderen.

Courage Angst. Am meisten vielleicht davor, daß, wenn der 
Vulkan bei uns wieder zu speien anfängt und alles Leben in 
feuriger Lava zu ersticken droht, die Nationalversammlung 
am Ende auf den Gedanken kommen könnte, Noske zum Oik- 
tator zu machen. 
Man hört schon das unterirdische Grollen und Rumoren 
dieses Bulkans. Oie innere und äußere Lage ist zum Bersten 
gespannt. Da nun nach unserer neuen Verfassung alle Ge- 
walt beim Volke liegt, aber nicht bei der Straße, sondern bei 
der geordneten Vertretung des Volkes, so müßte eigentlich die 
Nationalversammlung sich in Permanenz erklären. Oiese 
Alarmbereitschaft wäre das natürlichste. In den nächsten Ta- 
gen kann die Regierung vor den folgenschwersten Entschlüssen 
stehen. Aber sie hat Angst davor, daß sich in der Nationalver-- 
sammlung beherzte Männer finden könnten, — beiläufig 
bemerkt, ganz unbegründete Angst; sie will lieber ohne diesen 
Aufsichtsrat verhandeln. So hat denn das Kabinett Scheide- 
mann bei seinen Mehrheitsparteien eine Vertagung des Ple- 
nums durchgedrückt, die heute trotz der eindringlichen War- 
nung, die Abgeordneter Schulz-Bromberg namens der Oppo- 
sitäon vorbringt, auch beschlossen wird. Erst einen Tag nach 
dern Rätekongreß in Berlin tritt man in Weimar wieder zu- 
sammen. Oder auch nicht. Man kann nicht wissen. 
Man weiß nur eines: es geht etwas vor. Man weiß nur 
nicht, was. So stehen denn die Herren Möchtegern und Kann- 
nicht um Scheidemann leicht schlotternd da und sehen, soweit 
sie noch Haare haben, mit gesträubten Haaren der Entwicklung 
zu, die sie um das letzte Bertrauen im Volke bringt. Die poli- 
tische Unbildung und staatsmännische Unfähigkeit der Regie- 
rung würde man ihr noch vergeben, aber ihre Angst ist ver- 
nichtend. Voll Grauen sieht sie dem Moloch in das geöffnete 
Maul. Und stürzt sich wie hoypnotisiert wohl gar hinein. 
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