ganz unzulänglich, da vorerst nur wenige Orahtleitungen zur
Verfügung stehen und die wenigen immer wieder von den
Großgeschäften Ullstein und Mosse durch allerlei Schieber-
künste belegt werden. Sondern es sind auch keine „Vor-
gänge“ da, auf die jeder gewissenhafte Parlamenteredner
zurückgreifen möchte, keine staatsrechtliche Bücherei, keine
Bände mit stenographischen Reichstagsberichten. Die groß-
herzogliche Bibliothek enthält im wesentlichen nur Germanistik.
Oie Abgeordneten werden zumeist aus der Tiefe ihres Ge-
mütes schöpfen müssen, besonders wenn sie keinen Sekretär
haben. Und auch die Sekretäre sollen, wie Fama behauptet,
vor allem auf das Mitbringen von Goethe-Literatur bedacht
gewesen sein. Die Grippe in Weimar ist im Erlöschen. Aber
die Zitatenseuche kommt sicher.
Der Herr Geheimrat v. Goethe wird von Hinz und Kunz
als Nothelfer benützt werden. Aber auch eine Fülle von
lebenden Exzellenzen drängt sich in seiner Musenstadt, eine
Fülle von Ministerkollegen. Zhr Oienstalter stuft sich von
rechts nach linke ganz regelmäßig ab: von den ganz alten,
den Oelbrück und Posadowsky, über die Preuß und Erz-
berger hinweg, die aus der kurzen Prinz-Max-Ara stammen,
bis zu dem reichlichen Dutzend ganz junger, die die äußerste
Linke gestellt hat. Die vielen englischen und amerikanischen
Pressevertreter, die in Weimar eingetroffen sind, finden sich
in dieser Exzellenzen-Fülle noch nicht ganz zurecht. Der
lebhafte kleine Ztaliener, der schon vor 1914 jahrelang in
Berlin als Berichterstatter des römischen „Avanti“ wirkte,
muß ihnen Bescheid geben.
Diese Herren der Welt machen steinerne Gesichter. Sie
sind zur Tagung eines „Eingeborenen-Parlaments“ gekom-
men; ob das in Weimar oder Pretoria oder Kalkutta ist,
das ist ihnen gleichgültig. Sie brauchen es zur Unterschrift
unter den Frieden, den sie diktieren. Im übrigen ist ihnen
14