Selbstverständlich muß Herr Ebert auch Goethe zitieren
und entgleist dabei, wie immer. Den schönen antirevolutio-
nären Spruch aus Goethes „Hermann und Dorothea“ wider
die Menschen schwankenden Sinnees in schwankenden Zeiten
setzt er der staatserhaltenden Sozialdemokratie als Helmzier
aufs Haupt und ruft pathetisch, der Geist von Weimar,
der Geist der großen Oichter- und Philosophen müsse uns
wieder erfüllen. Ganz wie vor hundert Zahren jene brave
Berliner Metzgerefrau, die bei einem Goethebesuch in Weimar
von diesem gefragt wurde, ob sie etwas von ihm kenne, ihm
antwortete: „Jroßer Zoethe, wer sollte Ihnen nich kennen:
Festiemauert in die Erde. .“ Das ist der Geist von Eberts
Geist, nicht Geist von Weimar, den man beschwören möchte.
Licht Geistreichelei ist nötig, sondern Mannhaftigkeit. Ebert
hat nicht den Mut, auch sein Verschulden an der Revolution
zu gestehen, sondern belastet die Monarchie allein, die — nie-
male wiederkehren werde. Diese Verbeugung vor Wilson er-
regt den stürmischen Widerspruch der nationalen Minderheit.
Ein Staatemann sollte niemals „Niemals“ sagen. Allgemeine
Zustimmung dagegen finden die Begrüßung Deutsch-ÖOster-
reichs und der Aufruf zum Wiederaufbau durch Arbeit.
Das Zentrum hat seinen Platz links genommen, so daß die
Oeutsche Volkspartei jetzt rechts, Stresemann neben Oelbrück,
Rießer neben Reoesicke zu sitzen kommen. Oiese Zusammen-
ballung der Nationalen kann man vielleicht als Ouverture
deuten. Die vom Auswärtigen Amt eingeführten amerika-
nischen und englischen Pressevertreter sind auf ihren Plätzen
im zweiten Range mit der heutigen Sitzung im übrigen zufrieden
und beschweren sich nur, daß auf der ersten Reihe die deut-
schen Pressevertreter und nicht sie placiert sind. Sie sind
sehr anspruchsvoll und behandeln die jetzige deutsche Re-
gierung en canaille. Nach England aber wird noch kein
Deutscher gelassen. Wir sind klein, ganz klein geworden.
Friedrich der Vorläufige 17 2