Full text: Friedrich der Vorläufige, die Zietz und die Anderen.

rock paradieren, eine Perle in den Selbstbinder stecken und 
die Goldkapseluhr verdächtig oft ziehen, sind im Grunde be- 
dauernswert. Mit ihrem Regierungelatein sind sie längst zu 
Ende, das graue Elend grinst ihnen überall in Deutschland 
entgegen, und sie haben alle zusammen im Lande noch nicht 
so viel Autorität wie früher ein einziger königlicher Gendarm. 
Auch die sozialdemokratischen Unterstaatssekretäre und Vor- 
tragenden Räte, auch die Arbeiterräte, Soldatenräte und 
sonstigen Räte und Unräte wissen, daß die Revolution uns 
in den Sumpf gekarrt hat. Wer den Karren berausziehen soll, 
davon ist noch gar nicht die Rede. Wer aber die Verantwor- 
tung für das Steckenbleiben zu tragen haben wird, das will 
man festlegen: die regierenden roten Parvenüs haben ein 
dringendes Znteresse daran, daß das Bürgertum sich an der 
Regierung und an der Parlamentsleitung beteiligt und da- 
durch ihnen selber die moralische Entlastung vor den Wählern 
erteilt. Gestern und heute ist unablässig darüber zwischen 
den Parteien verhandelt worden. Innerhalb der Fraktionen 
selbst, die ja zum Teil eine ganz andere Zusammensetzung 
haben als im vergangenen Reichstage, brodeln die Ansichten 
darüber widereinander; die Neulinge und die Alten, die 
Draufgänger und die Bedächtigen reden sich gegenseitig heiß. 
Es geht um die Frage, ob die bürgerlichen Parteien mit- 
machen und sich zwei Plätze im Präsidium geben lassen oder 
den gesamten Vorsitz in der Nationalversammlung und dem- 
entsprechend auch ssämtliche Ministerposten der demokratisch- 
sozialdemokratischen Mehrheit zuschieben sollen. Und damit 
die Verantwortung. Und damit auch die Folgen der grenzen- 
losen Enttäuschung und Wut, die über kurz oder lang im 
Volke aufflammen werden! " 
Unter den Sozialdemokraten ist besonders Scheidemann, 
der sich im übrigen schon seit Wochen sehr zurückhält, um seine 
Aussichten auf den Posten des republikanischen Reichsver- 
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