sinnverwirrender, fast akrobatischer Geschwindigkeit sich voll-
zieht, wird doch von den Stenogrammen festgehalten, kann
bei nüchternem Sonnenlicht nachgeprüft werden und wird
dann den Geschlagenen und sein Gaukelspiel enthüllt und
nackend zeigen.
Oer deutschnationale Abgeordnete v. Graefe, von Beruf
ursprünglich Offizier und ODiplomat, einer der begabtesten
Köpfe in dieser Versammlung, reizt die Masse schon durch
seinen Namen. Sie weiß gar nicht, wie wenig Zunker er ist.
Sie weiß nicht, daß er, der aus einer berühmten Mediziner-
familie stammt, die für ihre Verdienste um die leidende
Menschheit geadelt wurde, in Mecklenburg Vorkämpfer einer
modernen Verfassung und des allgemeinen Wahlrechts war.
Wenn jemand vorurteilslos ist, so ist er es. Aber einen Erz-
verderber des Reiches kann er nicht auslassen. Schonungelos
reißt er der Republik und ihren Männern ihre Hülle in Fetzen,
kein Satz ist ohne Begründung, jeder einzelne ist unangreifbar.
Mitunter gibt es stürmische Heiterkeit in allen Bänken. So
bei der Verlesung folgender Zeitungsanzeige durch Graefe,
die besser als vieles andere die heutige Regiererei illustriert:
„Zur Anleitung des neuen Gemeindevorstehers wird eine
in ullen Zweigen der Gemeindeverwaltung erfahrene Per-
sönlichkeit auf kürzere Zeit gesucht; Kost und Wohnung frei,
Gehalt nach Ubereinkunft.“
Aber man müßte den großen Schaumschläger Erzberger
schlecht kennen, wenn man glaubte, er ließe sich verblüffen.
Er verdreht einfach jeden Satz. Wenn Graefe es gegeißelt
hat, daß Ungelernte, die durch keinerlei Sachkenntnie be-
schwert sind, heute in alle Staatsämter eindringen, so ant-
wortet Erzberger: „Den Hochmut und den Ubermut, mit
dem Herr v. Graefe von dem Drängen Minderbemittelter
an die Futterkrippe sprach, wird ihm das Volk nicht vergessen!“
So macht sich Erzberger immer wieder einen Popanz zurecht
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