Oabei kann die Bäumer was. In der Oebatte in der Volks-
versammlung steht sie ihren Mann. Während der Wahl-
bewegung hat sie in Sachsen-Weimar manchen männlichen
Gegner von rechts in den Sand gesetzt, daß es nur so knirschte.
In ihrer Nähe sitzen weniger auffallende Wesen. Die
Frauen des Zentrums haben allesamt etwas Mütterliches
an sich. Der Begriff Charitas ist von ihrer Erscheinung un-
trennbar. Sie haben sich am meisten um eine interfraktionelle
Einigung in der Gefangenenfrage bemüht. Politisch aber
sind sie zumeist unmündig und schauen fragend den Nachbar
Pfarrer an.
Hoch im zweiten Parkett bei der Oeutschen Volkspartei
sieht man Frau Mende, die etwas besitzt, was für die Politik
ungemein wertvoll ist: Abstand zu den deutschen Dingen.
Sie ist wohl über ein Jahrzehnt in Frankreich, in England,
in Rumänien gewesen, hat den weiten Blick des Ausland-
deutschen und besondere Kenntnisse der Geschichte des Parla--
mentariemus, ist daher innerhalb ihrer Fraktion auch die
schärfste Vertreterin einer taktisch energischeren Opposition
gegen die regierende Mehrheit. Leider ist aber ihr Verstand
durchdringender, als im Plenum ihre Stimme. Harunter
leiden überhaupt die meisten weiblichen Abgeordneten; man
versteht sie schlecht, die Unruhe im Hause wächst, und nun
versteht man sie erst recht nicht.
Auf die äußerste Rechte dat sich die radikalste Frauen-
rechtlerin geschlagen, Dr. Käte Schirmacher, die beste Ken-
nerin französischen Geistes, französischer Art, französischer
Politik. Ihre Kolleginnen zeigen mit Fingern auf sie, wenn
sie einmal im Foper erscheint. „Der Hut!“ „Das Kleid!“
Ihr Kapothütchen legt sie fast nie ab. hr arsenikgrünes
Kleid steht auch in keinem Modejournal. Ein solches Gewand
nennt man entweder Hängerkleid oder Reformkleid, je nach
dem Alter der Trägerin; es ist wohl das tppische Frauen-
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