Heftigkeit gegen die Rechte dafür, daß die äußerste Linke
in ihm immer noch den Genossen sieht. Zum zweitenmal in
diesen wenigen Weimarer Tagen macht er „Schwerindustrie,
Alldeutsche, Ludendorff“ für den Verlust des Krieges
verantwortlich, also jene — an sich gar nicht zusammen-
gehörige — Dreibheit, die gerade das Durchhalten gegen
eine Welt von Feinden uns eingehämmert hat, während die
Scheidemaßn und Erzberger die Stimmung zermürbten.
„Als unsere starke Front ins Wanken geriet und schließ-
lich der geniale Hasardeur dee Weltkrieges Luhen-
dorff mit dem Geständnis seines Bankerotts vor
uns hintreten mußte, da fiel die Binde von den Augen
des Volkes und es erkannte taumelnd die Wahrheit“,
sagt Scheidemann; die Empörung auf der Rechten wallt
hochauf; die Linke dröhnt Beifall. Wieder einmal entscheidet
Lungenkraft ein weltgeschichtliches Fehlurteil. Wodurch ist
denn eigentlich unsere Front ins Wanken geraten? Ist auch
daran Ludendorff schuld, oder sind es nicht vielmehr die Leute
um Scheidemann? Sie sind es, die hasardierten, als sie
alles auf die eine Karte Wilson setzten und dann verloren;
sie haben uns so in den Bankerott getrieben.
Was Gröber sagt, das hätte er ebenso vor einem JZahre
sagen können. Im Zentrum hat sich nichts verändert. Ees findet
in der Monarchie wie in der Republik sein Feld zum Ackern.
Unstreitig den tiefsten Eindruck, namentlich auf die Zuhörer--
tribünen, macht heute der Volksredner Naumann, der im
Hause der Nationalversammlung nicht seinesgleichen hat,
Traub allein vielleicht ausgenommen. In der Studierstube
dieses ehemaligen Pfarrers aus einem Elendedorfe sind nicht
nur die Gesichter zerarbeiteter Leute aufgetaucht, sondern
auch die Gesichte aus der ganzen geschichtlichen Vorzeit un-
seres Bolkes. Kaum ein anderer vermag so wie er die
Elocken der versunkenen Bineta zum Ertönen zu bringen.
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