Stürmischer Beifall! Große Bewegung! Ein wilder
Radau, Zustimmung zu Erzbergers Worten gemischt mit
Verwünschungen gegen die Rechte, durchwogt die Volks-
versammlung, es fehlt nur noch, daß Erzberger von den
Begeisterten auf die Schultern gehoben wird. Der Gesunde
aber faßt sich an den Kopf. Also auch der Brief ist nicht
vom Stahlverband. Und Dr. BVoeglers Ablehnung wird nur
als Gerücht in dem Briefe des sozialdemokratischen Staate-
sekretärs Dr. August Müller erwähnt. Der Stahlverband hat
keine Schwierigkeiten um Stinnes' willen gemacht. Er hat
eine ganze Anzahl von Sachverständigen ruhig zur Verfügung
gestellt, auf die Erzberger verzichtete. Auch hat WVoegler
nicht seine eigene Zuziehung abgelehnt. Es war also alles,
was Erzberger in dieser Sache von der Ministerbank aus
gestern vorbrachte, unwahr.
Und dennoch: „Gebt uns Barrabam frei!“"
Die Masse ist auf dem Marsch, die Masse macht Welt-
geschichte, und diese Weltgeschichte ist immer dieselbe. Einen
Unterschied zwischen Regierung und Partei gibt es nicht mehr.
Wenn jemand auf der Ministerbank das „Wir“ in der Rede
gebraucht, so weiß man nie, ob es der Pluralie Majestatis
der Regierung ist oder ob es heißen soll: Wir Sozial-
demokraten. Unter Brüdern ist das ja auch ganz egal.
Zn der Wahlbewegung haben wir es ja auch erlebt, daß an
den Mauern Plakate klebten, die mit „Genossen!“ als UÜber-
schrift anfingen und die Unterschrift „Die Reichesregierung“
trugen. Partei ist alles. Unsere alten Landräte mit ihrer
Wahlbeeinflussung waren da wirklich Waisenknaben. Die
Regierungeestrade ist voll von einer schwatzenden Menge der
neuen Regenten, Unterstaatesekretäre, Geheimräte und
Schlüsselbewahrer. Sie arbeiten für die Partei; sie leben
von der Regierung. Es geht da so lebhaft zu wie auf der
Fondebörse um 12 Uhr mittags, so daß Präsident Fehrenbach
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