Es ist höchste Zeit, daß die Gewalt abdankt; daß Freiheit
und Recht jedem Oeutschen zuteil wird. Zhre Totengräber
draußen im Lande kennen wir. Auf den Regierungsbänken
brauchen wir sie nicht.
Ein Monolog
Weimar, 24. Februar
Vormittag um 11 Uhr ist in Weimar fast alltäglich Parole-
ausgabe der Regierung. Man nennt das Pressekonferenz-
Konferenzier ist immer irgendeiner von der Regierung, und
die Pressevertreter sind das Publikum. Auf diese Weise wird
noch anders Weltgeschichte gemacht als in den bescheidenen
Zeiten des alten Pressechefs Dr. Hammann, wo man noch
nicht bataillonsweise zum Paroleempfang antrat. Zetzt
machen sich manchmal sogar leibhaftige Minister die Mühe,
die öffentliche Meinung zu befruchten. Heute war es ein
junger Mann aus dem Reichsamt des Innern, der einen
Reklamevortrag über den Preußschen VBerfassungsentwurf
bielt, „zur Berwendung nach Belieben“. Aber im Presse-
publikum erhob sich ein Murren. Man grollte nicht nur
rechts, man grollte auch links. Die Reklame war zu lebhaft,
wird mir erzählt. Da sei es neulich, als Scheidemann abends
im Theater-Foper die Presse um sich versammelte, viel feiner
hergegangen, zumal da Bier und kalter Aufschnitt die Ge-
müter auf Reichskosten glätteten. Erst recht fein wird es später
in Berlin werden, wo die Regierung ein prinzliches Palais
als Pressehaus einrichten will, um dort ihr tägliches Stell-
dichein mit der öffentlichen Meinung abzuhalten.
Zm Plenum der Nationalversammlung steht beute die erste
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