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Erneuerung des polnischen Abenteuers ab; freilich hatte die Kur-
fürstin-Witwe eben dafür schon alle ihre Kleinodien in Rom und
den Niederlanden für 200000 Reichstaler versetzt. Sie blieb
übrigens auch nachher noch dauernd in Briefwechsel mit Friedrich
dem Großen; ihre Korrespondenz reicht vom 24. April 1763
bis 28. Dezember 1779. Aber die große europäische Verwickelung
des seit 1768 ausgebrochenen Türkenkriegs, den Frankreich mit
OÖsterreich zugunsten Polens gegen Rußland angezettelt hatten,
sührte 1772 zu der ersten Teilung Polens, ohne daß man Sach-
sens sich irgendwie erinnert hätte. Und doch wissen wir, wie
gerade Sachsen unter den beiden Augusten diesen Plan angeregt
hatte. Noch blieb aber das größere Stück übrig, groß genug,
um die sächsischen Hoffnungen rege zu halten.
Auf das im allgemeinen gute Verhältnis zwischen der Kur-
fürstin-Mutter und ihrem Sohne warfen die finanziellen Ver-
hältnisse der ersteren eine Zeitlang einen tiefen Schatten. Der
Kurfürst hatte aus eigener Entschließung bald nach seinem Re-
gierungsantritt ihr auf 60000 Taler gestelltes Wittum am
10. Febr. 1769 auf 130000 Taler erhöht; aber sie, die den
sächsischen Finanzen so gute Dienste geleistet hatte, vermochte
ihre eigenen nicht in Ordnung zu halten. Zunächst beteiligte
sie sich an industriellen Unternehmungen, die häufig mehr Geld
kosteten, als einbrachten. Z. B. hatte sie 1763 hinter Naun-
dorf bei Großenhain eine Kattunfabrik angelegt, die sie 1775
wieder verkaufte; auch erbaute sie das dann ihrem Sohne Anton
hinterlassene Brauhaus zu Dresden-Friedrichstadt. Dann aber
kostete die polnische Intrige große Summen, so daß sie, abgesehen
von den versetzten Juwelen, eine Schuldenlast von über 700000
Reichstalern auf sich geladen hatte. Dies und auch das kühle
Verhalten des Sohnes trieb sie von Dresden weg nach Rom, wo
sie gern dauernd gelebt hätte, wenn nicht die Gesetze das Ver-
zehren der Apanage wesentlich im Lande zur Pflicht gemacht
hätten, oder auch nach München, wo das über kurz oder Lang
bevorstehende Ableben ihres kinderlosen Bruders Maximilian dose
(gest. 30. Dez. 1777) ihr Aussichten auf einen bedeutenden Anteil
an dem Allodialvermögen eröffnete. Da frühere Versuche, ihre